Merkmale der Haftung für eine andere Person


Kommt es zu einer Verletzung eines Rechts, dann ist nicht unbedingt nur die Person dafür verantwortlich, die unmittelbar die Rechtsgutsverletzung begangen hat. Es kann auch sein, dass Personen, die für die handelnde Person verantwortlich sind und die weisungsbefugt gegenüber dieser Person sind, verantwortlich dafür sind, so dass diese den Schaden ersetzen müssen. Dies kommt häufig bei Arbeitsverhältnissen vor. Dafür muss die handelnde Person Verrichtungsgehilfe der anderen Person sein, also im Pflichtenkreis von dieser tätig sein und nach Art, Inhalt und Umfang weisungsgebunden sein.

Beispiel: Malermeister M hat seinen Gesellen G zu einem Kunden geschickt, um dort das Wohnzimmer zu streichen. Aus Unachtsamkeit stößt G bei dem Kunden eine wertvolle Vase um. Zwar hat G die Handlung, die zum Schaden führte, begangen, aber er ist weisungsgebunden und abhängig von M. Der Kunde hat also nicht nur einen Anspruch gegenüber G, sondern wahlweise auch gegenüber M auf Schadensersatz, wenn sich M nicht exkulpieren, also einen Entlastungsbeweis führen kann.

Dies ist die Besonderheit im Gegensatz zu der Haftung aus einer selbst ausgeführten und verschuldeten Handlung: Der Geschäftsherr kann beweisen, dass ihn kein Verschulden trifft. Dies kann er vor allem in der Weise, dass er darlegt, dass er seinen Verrichtungsgehilfen ordnungsgemäß ausgesucht hat und ihn kein Auswahlverschulden trifft. Wenn M also darlegt, dass G noch nie etwas kaputt gemacht hat und er wegen seines handwerklichen Geschicks schon seit Jahren auf dessen Zuverlässigkeit vertrauen konnte, dann ist er gegebenenfalls von der Haftung frei.

Trotzdem bleibt zu beachten, dass der Arbeitgeber eventuell dennoch haften muss. Diese Haftung kann sich vor allem aus arbeitsrechtlichen Grundsätzen ergeben, nämlich dann, wenn er vertraglich oder gesetzlich verpflichtet ist, seinen Arbeitnehmer von der Schadensersatzpflicht gegenüber dem Kunden freizustellen.

Ein Anspruch gegen den Geschäftsherrn besteht allerdings nur, wenn die Rechtsgutsverletzung während der Ausführung der Verrichtung geschehen ist. Für den oben genannten Fall ist dies zu bejahen, da G die Vase während der Verrichtung seiner Malerarbeiten umgestoßen hat. Hätte G die Vase umgestoßen, als er bei dem Kunden privat zu Besuch war, weil er mit diesem befreundet ist, dann hätte dies mit der Verrichtung, die G im Pflichtenkreis des M tätigen muss, nichts zu tun. Ein Anspruch würde dann lediglich gegen den G bestehen und nicht gegenüber M.

Die Möglichkeit des Geschäftsherrn sich aus der Verantwortung mit dem Entlastungsbeweis zu ziehen besteht auch, wenn er darlegen kann, dass er die Auswahl an eine andere Person delegiert hat, die seinerseits wieder sorgfältig ausgewählt worden ist. So ist es auch in größeren Betrieben möglich, den Entlastungsbeweis zu führen. Hätte M also den G nicht selbst ausgewählt, sondern einen, seinerseits gut ausgewählten Vorarbeiter, B den G auswählen lassen, dann könnte sich M ebenfalls exkulpieren und wäre für den Schaden nicht verantwortlich.

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