Bedeutung und Funktion der Abrissverfügung


Die Abrissverfügung gehört zu den repressiven Handlungsinstrumenten der Bauaufsichtsbehörde. Dies bedeutet, dass die Behörde im Falle einer Baurechtswidrigkeit nach Baubeginn einschreiten kann. Bei der Abrissverfügung handelt es sich um einen Bescheid, der dem Bauherrn die Beseitigung eines bereits errichteten Bauvorhabens auferlegt. Damit stellt die Abrissverfügung die gravierendste Möglichkeit des Einschreitens gegen baurechtswidrige Vorhaben dar. Dies folgt bereits daraus, dass ein errichtetes Gebäude, welches abgerissen wird, nicht wieder in genau demselben Zustand wieder aufgebaut werden kann. Es handelt sich also um eine irreversible Maßnahme. Aus diesem Grund werden an den Erlass einer Abrissverfügung besonders hohe Anforderungen gestellt.

Bei der Baurechtswidrigkeit von Vorhaben wird grundsätzlich differenziert zwischen der formellen Illegalität und der materiellen Illegalität. Ein Vorhaben ist formell illegal, wenn es nicht von einer entsprechenden Baugenehmigung gedeckt ist. Eine materielle Illegalität liegt hingegen vor, wenn es öffentlich-rechtlichen Vorschriften widerspricht.

Grundsätzlich führt die fehlende Baugenehmigung zu einer Baurechtswidrigkeit des Vorhabens. Eine solche Wertung erscheint für den Fall der Abrissverfügung jedoch problematisch. Hat der Bauherr es lediglich unterlassen, die Baugenehmigung zu beantragen, liegen alle dafür erforderlichen Voraussetzungen jedoch vor, müsste die Bauaufsichtsbehörde nach Erlass der Abrissverfügung sofort den Wiederaufbau genehmigen. Ein solches Vorgehen würde den berechtigten Interessen des Bauherrn widersprechen und zu einer unverhältnismäßig hohen Kostenbeteiligung führen. Demzufolge ist in einer solchen Konstellation der Erlass einer Abrissverfügung unverhältnismäßig. Die Behörde muss also auf weniger belastende Mittel zurückgreifen. Dazu kommen sowohl eine Nutzungsuntersagung als auch eine Stilllegungsverfügung in Betracht. Beide Möglichkeiten greifen weit weniger stark in die Rechte des Bauherrn ein.

In Fällen, in denen die Abrissverfügung den Bauherrn allerdings nicht wesentlich härter trifft als eine Nutzungsuntersagung oder Stilllegungsverfügung, ist der Erlass einer Abrissverfügung hingegen möglich. Eine solche Konstellation ist beispielsweise gegeben, wenn ein Nutzungsverbot faktisch die gleichen Auswirkungen wie eine Abrissverfügung hätte. Hierbei muss die Behörde aber berücksichtigen, dass der Abriss ohne enorme Substanzverluste oder belastende Kosten stattfindet.

Etwas anderes ergibt sich im Fall der materiellen Illegalität bei Vorliegen einer Baugenehmigung. In dieser Konstellation stellt die Baugenehmigung die Zulässigkeit des Bauvorhabens rechtsverbindlich fest. Der Bauherr darf also auf die Zulässigkeit des Vorhabens vertrauen. Solange die Baugenehmigung aufrecht erhalten wird, ist dieses Vertrauen schutzwürdig, da für den Bauherrn kein Anlass besteht, an der Zulässigkeit zu zweifeln. Vor Erlass einer Abrissverfügung müsste die Behörde die Baugenehmigung also zunächst zurücknehmen, um das Vertrauen des Bauherrn zu zerstören.

Ist das Bauvorhaben sowohl formell als auch materiell illegal, bestehen keine Bedenken gegen den Erlass einer Abrissverfügung. Der Bauherr hat aufgrund der fehlenden Baugenehmigung kein schutzwürdiges Vertrauen bezüglich der Zulässigkeit des Vorhabens. Davon umfasst ist insbesondere der Schwarzbau. Allerdings hat auch hier die Behörde alle Interessen gegeneinander abzuwägen. Kommen mildere Mittel wie die Nutzungsuntersagung oder Stillegungsverfügung bei gleicher Wirksamkeit in Betracht, muss sie auf diese zurückgreifen. Steht eine Bebauungsplanänderung an, die das Vorhaben legalisieren würde, hat die Bauaufsichtsbehörde auch dies zu berücksichtigen.

Geht die Behörde allerdings willkürlich nur gegen einzelne baurechtswidrige Vorhaben in einem Gebiet vor, stellt der Erlass der Abrissverfügung einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz dar. Die Behörde muss zwar nicht gegen alle Bauvorhaben vorgehen, sie darf jedoch nur anhand von objektiven Kriterien differenzieren.

Adressat der Abrissverfügung ist der Eigentümer des Grundstücks. Eine Vermietung steht dem Erlass nicht entgegen. Dies folgt bereits daraus, dass die Abrissverfügung einen Kündigungsgrund darstellt. Auch langjährige Duldung des baurechtswidrigen Zustands seitens der Behörde schließt den Erlass einer Abrissverfügung nicht aus.

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