Nicht helfen bei einem Autounfall und die Rechtsfolgen


Für die Erlangung einer Fahrerlaubnis muss man neben der theoretischen und praktischen Fahrprüfung auch einen Erste-Hilfe-Kurs ablegen. Dieser Kurs soll gewährleisten, dass jede Person, die am Straßenverkehr als Kraftfahrzeugführer teilnimmt im Ernstfall Erste-Hilfe-Maßnahmen leisten kann. Wenn man keine Erste-Hilfe leistet, dann kann man sich unter Umständen der unterlassenen Hilfeleistung strafbar machen.

Begehung

Es muss zunächst ein Unglücksfall vorliegen. Unglückfälle sind immer dann anzunehmen, wenn plötzlich und unerwartet eine Gefahr für Leib oder Leben einer anderen Person vorliegt. Dies ist bei Unfällen im Straßenverkehr in der Regel anzunehmen. Auch wenn eine gemeine Gefahr vorliegt, ist erste Hilfe zu leisten. Eine gemeine Gefahr ist dann gegeben, wenn für eine Vielzahl von Personen ein Schadenseintritt sehr wahrscheinlich ist. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn ein Unfall nicht genügend abgesichert ist und deshalb eine Gefahr für die anderen Verkehrsteilnehmer besteht.

Erste-Hilfe muss aber nur geleistet werden, wenn sie der Sache nach erforderlich ist. Also nur wenn Rechtsgüter wie Leib und Leben, aber auch hohe materielle Sachwerte, wirklich gefährdet sind, kann man sich bei Nichthandeln der unterlassenen Hilfeleistung strafbar machen.

Man ist aber nur verpflichtet, wenn es für eine Person grundsätzlich den Umständen nach zumutbar ist und wenn die Erste-Hilfe-Leistung auch ohne erhebliche eigene Gefahr und ohne die Verletzung anderer wichtiger Pflichten möglich ist. Diese Einschränkung ist immer eine Einzelfallabwägung und verhindert eine Strafbarkeit, wenn es einer Person nicht möglich ist zu helfen, weil andere Pflichten vorliegen oder eine Gefahr für das eigene Leben besteht. So kann eine Strafbarkeit wegen unterlassener Hilfeleistung deshalb ausgeschlossen sein, weil jemand keine Erste-Hilfe begeht, weil er durch den Ort des Geschehens selbst in starke Gefahr gebracht wird. Wenn jemand zum Beispiel eine auf einer Zugschiene verunglückten Person nicht hilft, weil ein Zug heranfährt, dann ist diese Hilfe für ihn auch nicht zumutbar. Oder wenn ein Erst-Helfer einer Person, die weniger verletzt ist, nicht hilft, weil er einer anderen Person hilft, die so stark verletzt ist, dass sie zu sterben droht, dann ist das eine andere Pflicht, die in dem Moment wichtiger ist nachzukommen.

Schwierig ist gelegentlich die Frage, was heißt, Erste-Hilfe zu unterlassen. Reicht es schon aus den Notarzt zu rufen oder müssen konkrete Erste-Hilfe-Maßnahmen an der verletzten Person vorgenommen werden? Reicht es aus das zu tun, was einem selbst als ausreichend vorkommt?

Grundsätzlich reicht es nicht aus, nur das Telefon zu benutzen und Hilfe zu rufen. Gerade zur Ersten-Hilfe werden ja die Maßnahmen gelehrt, die man in einem Unglücksfall als lebensrettende Maßnahmen anwenden soll. Wenn allerdings die Gefahr für einen selbst sehr groß ist oder man andere Pflichten vernachlässigt, dann kann auch ein Anruf als Erste-Hilfe-Maßnahme ausreichend sein. Allerdings kommt dies nur selten vor. Auch wenn die Routine und, gegebenenfalls wegen der langen Zeit des abgelegten Erste-Hilfe-Kurses, die Kenntnis fehlt, ist man verpflichtet auch an Personen Maßnahmen wie Widerbelebung und Stabilisierung des Herz-Rhythmus-Systems vorzunehmen. Grundsätzlich gilt, dass gar nichts tun immer schlimmer ist, als etwas zu tun. Auch wenn das nur das Legen in die stabile Seitenlage oder das Holen einer Decke wegen Kälte ist.

Folgen

Unterlässt man die Hilfe, obwohl sie erforderlich und zumutbar ist, dann kann das mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft werden. Einen weit höheren Strafrahmen sehen die Delikte vor, die der unterlassenen Hilfeleistung ähneln und durch Unterlassen begangen werden, wie zum Beispiel die Körperverletzung durch Unterlassen oder der Totschlag durch Unterlassen. Zur Begehung solcher Taten ist aber immer eine sogenannte Garantenstellung notwendig. Garant ist man, wenn man verpflichtet ist zu handeln. Verpflichtet kann man sein, wenn man selbst die Gefahrenquelle geschaffen hat, wegen der eine Person in einen Unfall verwickelt ist. Auch als naher Angehöriger der verunglückten Person kann man Garant sein. Dies nennt sich Garant aus Ingerenz. Das ist zum Beispiel bei Eltern und Kindern der Fall. Verunglückt das Kind, dann ist der Vater verpflichtet zu handeln. Ebenso bei Geschwistern oder Schicksalsgemeinschaften. Bei einer Gruppe von Bergsteigern, die einen Berg erklimmen, ist jede Person für die andere bei einem Unglücksfall zum Handeln verpflichtet. Wird das Handeln unterlassen und entsteht dadurch ein körperlicher Schaden oder sogar der Tod einer Person, dann macht man sich der Körperverletzung durch Unterlassen oder des Totschlags durch Unterlassen strafbar.

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