Welche Auslegungsmethoden gibt es zur Auslegung eines Testaments?


Oftmals kommt es bei Testamenten vor, dass sie rechtlich nicht klar genug formuliert sind. Der Grund dafür kann gerade bei handschriftlich verfassten Testamenten fehlende juristische Beratung sein. Ebenso ist es nicht selten, dass sich die Umstände bei sehr früh verfassten Testamenten geändert haben und der Wille des Verstorbenen nun nicht mehr eindeutig ist.

Der Gesetzgeber hat sich zu einer wohlwollenden Testamentsauslegung entschieden. Er schreibt vor, dass im Zweifel das Testament in der Form zu interpretieren ist, dass es nicht seine Gültigkeit verliert. Um ein Testament auslegen zu können bedarf es bestimmter Auslegungsmethoden.

Zunächst sollte man sich am Wortlaut des Testamentes orientieren. Oftmals sind gerade handschriftlich verfasste Testamente juristisch sehr schwer zu verstehen. Die Begriffe des „Erben“, des „Vermächtnisses“ oder der „Erbeinsetzung“ werden häufig falsch gebraucht.

Während der Erbe sämtliche Rechte und Pflichten des Verstorbenen wahrnimmt, ist ein Vermächtnis nur eine einzelne Zuwendung des Verstorbenen an eine Person. Um nun den wahren Willen des Verstorbenen, auch Erblasser genannt, ausführen zu können, muss das Gericht den Wortlaut interpretieren. Falsche Bezeichnungen in einem Testament führen also nicht automatisch zur Ungültigkeit des Testaments.

Manchmal ist es auch notwendig Umstände nachzuvollziehen, die außerhalb des letzten Willens geschehen sind. Sollte das Gericht Äußerungen oder ganze Teile eines Testaments anhand des Wortlautes nicht nachvollziehen können, so versucht es den Sinn der Regelung zu erschließen, indem es die Lebensumstände des Verstorbenen genau betrachtet.

Die Hinterbliebenen können auch einen Auslegungsvertrag schließen. In diesem Vertrag regeln die Erben und Vermächtnisnehmer, wie der letzte Wille des Erblassers zu interpretieren ist und teilen folgend den Nachlass untereinander auf. Für einige Fälle gibt es jedoch gesetzlich geregelte Auslegungen:

Sollte der Verfasser eines Testaments seine gesetzlichen Erben ohne nähere Angaben bedacht haben, so erben diese den Nachlass zu gleichen Teilen. Sollten nur Verwandte eingesetzt werden, so sind die nächsten lebenden Verwandten des Verstorbenen erbberechtigt. Bei Erwähnung von „Kindern“ ist davon auszugehen, dass die direkten Abkömmlinge des Verstorbenen gemeint sind. Sollte eines der Kinder vorversterben, so erben die Nachkommen des Kindes zu gleichen Teilen. Falls ein Kind erst nach dem Tod des Erblassers verstirbt, so sind ebenfalls die Abkömmlinge des verstorbenen Kindes erbberechtigt.

Bsp.: „Ich setze meine Kinder als Erbe ein“. Alle Kinder erben zu gleichen Teilen.
„Meine Verwandte sollen alles bekommen“. Die nächsten lebenden Verwandten werden als Erben eingesetzt.
„Ich setze mein Kind K als Erbe ein.“ K stirbt vor dem Erblasser. Die Kinder des K sind nun automatisch erbberechtigt.

Auch über die Höhe des Nachlasses kann oftmals Unklarheit bestehen. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Erblasser nicht über sein gesamtes Vermögen in seinem Testament verfügt. Der restliche Betrag wird dann nach der gesetzlichen Erbfolge aufgeteilt.

Die gesetzliche Erbfolge tritt normalerweise immer dann ein, wenn kein Testament vorliegt. Alle Hinterbliebenen werden von nächster zu entfernter Verwandtschaft in Gruppen aufgeteilt. Die jeweils näheren Verwandten erben zuerst. Hinterbliebene der gleichen Gruppe erben zu gleichen Teilen.

Falls ein Bedachter während der Testamentsöffnung sterben sollte, können zunächst die Abkömmlinge des Bedachten einen Anspruch auf das Erbe erheben. Wenn jedoch in dem Testament deutlich wird, dass der Erblasser keine weiteren Personen bedenken wollte, so wird der Erbteil des Verstorbenen an die anderen Erben verteilt.

Bsp.: E schreibt in seinem Testament: „Ich verfüge, dass nur meine Kinder A, B und C erben sollen. Jede andere Person soll nicht bedacht werden.“ Bei Tod von A erben nicht etwa dessen Kinder, sondern der Erbteil wird zwischen B und C gleichmäßig aufgeteilt.

Falsche oder schlecht formulierte Testamente sind also nicht automatisch unwirksam. Zunächst wird immer versucht den letzten Willen zu interpretieren und diesen auch auszuführen. Nur so ist gewährleistet, dass auch Nichtjuristen, die sich nicht juristisch korrekt ausdrucken können, ihren letzten Willen erhalten können.

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