Inhalt und Bedeutung des Grundsatzes der Unmittelbarkeit


Die alleinige Kompetenz zur Feststellung der Schuld oder Unschuld eines Angeklagten und der damit verbundenen Wahrheit hat lediglich das Gericht. Ein Verfahrensgrundsatz im Zivil-, Verwaltungs- und Strafprozess heißt: Ein Urteil kann nur von dem Richter oder den Richtern gefällt werden, der oder die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen hat oder haben. Die Aufgabe des Gerichtes ist es, sich so nahe wie nur möglich an das tatsächliche Geschehen, welches vor Gericht verhandelt wird, heranzuarbeiten und es muss alle Beweise selbst erheben. Das Gericht darf hingegen die Beweise nicht einfach anderweitig ersetzen. Das Gesetz schreibt aber nirgendwo vor, dass das sachnächste Beweismittel benutzt werden muss.

Somit sind etwa Zeugen persönlich zu vernehmen und es dürfen nicht schlichtweg die Protokolle über eine frühere Vernehmung verlesen und als Urkunde in den Prozess eingeführt werden. Insofern gilt ein grundsätzlicher Vorrang des Personalbeweises vor dem Urkundsbeweis. Im Gesetz geregelt ist aber lediglich, dass der Personalbeweis, wenn er geführt werden kann, nicht einfach durch einen Urkundsbeweis ersetzt werden darf. Dies schließt nicht aus, dass die früheren Personen die verhört haben selbst über den Inhalt der Vernehmung vernommen werden, denn dies ist wiederum ein Personalbeweis. Die Strafprozessordnung enthält einige Ausnahmen von diesen Grundsätzen und regelt ausführlich die Möglichkeiten der Ersetzung der persönlichen Vernehmung durch Verlesung von Vernehmungsprotokollen.

Von der Verlesung der Mitschriften und ihrer Verwendung als Urkundsbeweis zu unterscheiden ist die gleichwohl zulässige Verlesung zum Zwecke des Vorhalts. Diese Verlesung von Vernehmungsprotokollen dient nicht dem Zweck des Beweises, sondern nur der Gedächtnisanregung, damit der Angeklagte dazu Stellung beziehen kann. Sie ist daher stets zu unterscheiden von den vorgesehenen Möglichkeiten des Urkundsbeweises durch Verlesung. Die Strafprozessordnung stellt klar, dass die Verlesung von Protokollen von Zeugenaussagen nicht zulässig ist, wenn der Zeuge erst in der Hauptverhandlung von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch macht. Über den Wortlaut hinaus nimmt man bei nichtrichterlichen Vernehmungen ein allgemeines Verwertungsverbot hinsichtlich der früheren Aussage an, sodass auch die Vernehmung der Personen, die das Verhör durchgeführt haben untersagt ist. Der Grundsatz der Unmittelbarkeit ist ferner eng verknüpft mit dem Grundsatz der Mündlichkeit.

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