Rechtfertigungsgrund: Der rechtfertigende Notstand


Nach der viel bekannteren Notwehr gibt es noch den sogenannten rechtfertigenden Notstand, der im deutschen Strafrecht ebenso als Rechtfertigungsgrund dient. Man unterteilt nach den zivilrechtlichen Notstandstatbeständen und dem Notstand aus dem Strafgesetzbuch. Das Bürgerlichen Gesetzbuch enthält den Defensivnotstand und den Aggressivnotstand. Beim Defensivnotstand muss eine drohende Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut des Täters bestehen. Existiert eine solche Gefahr für einen Dritten, so spricht man von der Notstandshilfe. Notstandsfähig sind die Rechtsgüter jeder Art. Gefahr bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintrittes oder einer Schadensintensivierung hoch ist. Drohend ist die Gefahr, wenn ein sofortiger Handlungsbedarf besteht. Beim Defensivnotstand geht die drohende Gefahr des Weiteren von einer fremden Sache aus. Fremd ist eine Sache, wenn sie im Eigentum eines anderen steht. Diese Sache kann sowohl ein Tier sein als auch jede andere Sache die den Menschen bedroht. Diese Sache, von der die Gefahr ausgeht, muss nun beschädigt oder zerstört werden.

Beispielsweise wenn ein Ast eines städtischen Baumes droht auf das eigene Dach zu stürzen, so darf man diesen Ast abschneiden. Die Beschädigung oder die Zerstörung der Sache ist die Notstandshandlung, die auch geeignet sein muss und das relativ mildeste Mittel darstellen müsste, sie müsste also erforderlich sein. Letztlich wird noch gefordert, dass die Notstandshandlung nicht unverhältnismäßig sein darf. Das geschützte Rechtsgut darf somit nicht außer Verhältnis zu der Sache stehen. Notwendig ist auch beim Notstand eine gewisse Vorstellung in der Gedankenwelt des Vornehmenden, in diesem Fall wird dieses subjektive Element „Gefahrabwendungswille“ genannt.

Auch beim Aggressivnotstand besteht auch eine drohende Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut des Täters. Existiert eine solche Gefahr für einen Dritten, so spricht man von der Notstandshilfe. Diese Gefahr muss gegenwärtig sein. Gegenwärtig ist eine Gefahr dann, wenn sie unmittelbar in eine schädigende Begebenheit umschlagen kann oder ein absehbarer künftiger Schaden nur durch ein sofortiges Handeln abgewendet werden kann. Beim Aggressivnostand liegt somit zwar eine Gefahr vor, welche aber nicht von einem Menschen ausgeht, jedoch muss der Täter zur Abwehr der Gefahr auf eine Sache einwirken. Diese Handlung stellt die Notstandshandlung dar, welche wieder erforderlich sein muss, das heißt sie muss auch geeignet sein und das relativ mildeste Mittel darstellen. Auch der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz muss in diesem Hinblick gewahrt werden. Außerdem muss zudem ein subjektiver Gefahrenabwehrwille vorliegen.

Beispiele: O wird angegriffen, um den Angreifer von seinen Handlungen abzuhalten ergreift er eine Terrakottafigur und zieht diese dem Angreifer über den Kopf. Dabei geht die teure Figur zu Bruch. Er ist gerechtfertigt, da er sonst sein Leben eigenes verloren hätte oder zumindest schwer verletzt worden wäre und somit seine Gesundheit und körperliche Unversehrtheit riskiert hätte. Auf die Figur aus gebrannten Ton und das Rechtsgut Eigentum des Figureneigentümers kommt es dabei nicht mehr so sehr an.

Beim dem im Strafgesetzbuch normierten rechtfertigenden Notstand muss eine gegenwärtige Gefahr für ein notstandsfähiges Rechtsgut bestehen, dabei kommen neben den Individualschutzgütern nun auch die Schutzgüter der Allgemeinheit in Frage. Liegt eine solche gegenwärtige Gefahr für ein geschütztes Rechtsgut vor, dann kann man sich mit einer Notstandshandlung dagegen wehren. Diese Handlung muss auch erforderlich sein und das geschützte Rechtsgut muss das beeinträchtige Rechtsgut wesentlich überwiegen. Dafür ist eine Gesamtbewertung erforderlich. Das Rangverhältnis der betroffenen Rechtsgüter ist hierbei zu berücksichtigen. Bei diesem steht das Leben an aller erster Stelle. Deswegen ist auch eine Abwägung des einen Lebens gegen ein anderes Leben nicht zulässig. Dann muss ein Gefahrenvergleich stattfinden, also die drohende Gefahr gegen den Schaden abgewogen werden. Dabei muss die rettende Handlung zur Abwehr der Gefahr nicht nur geeignet, sondern auch angemessen, das heißt erforderlich sein. Angemessenheit setzt voraus, dass die Notstandshandlung eine möglichst geringe Beeinträchtigung anderer Rechtsgüter als des verteidigten Rechtsgutes darstellt. Ein milderes Mittel darf dabei nicht zur Verfügung stehen. Es gilt also immer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Bei der Rettungshandlung braucht der Handelnde auch wieder einen Gefahrenabwendungswillen, also den Vorsatz als Rettender zu handeln. Ist ein Täter durch den rechtfertigenden Notstand gerechtfertigt, so muss er keine Bestrafung wegen des erfüllten Tatbestandes fürchten.

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