MT Begriff und Inhalt des Territorialitätsprinzips


Das Territorialitätsprinzip (teilweise auch Territorialprinzip genannt) ist ein Prinzip auch des Urheberrechts. Das Territorialitätsprinzip betrifft die Frage der Rechtsanwendung - also die Frage, welches Recht auf welche Personen, auf welchen Sachverhalt, zu welcher Zeit und an welchem Ort anwendbar ist. Im Allgemeinen besagt das Territorialitätsprinzip, dass alle Personen der Obrigkeit und den Gesetzen desjenigen Staates unterworfen sind, auf dessen Staatsgebiet sie sich zu dem für die Klärung des rechtlichen Sachverhalts entscheidenenden Zeitpunkt befinden.

Weitere Verwendungen des Begriffs

Der Begriff des Territorialitätsprinzips ist vieldeutig. Er wird neben dem Urheberrecht gelegentlich ebenfalls im Kollisionsrecht zur Verdeutlichung einer räumlichen anstelle von einer personalen Anknüpfung verwandt. Außerdem ist das Territorialitätsprinzip im Völkerrecht geläufig. Dort wird ihm der Inhalt beigemessen, dass jeder Staat seine Souveränitätsrechte nur innerhalb seines eigenen Territoriums ausüben darf. Um die Ausübung staatlicher Gewalt auf staatsfremden Gebiet geht es im internationalen Urheberrecht jedoch nicht. Hier geht es vielmehr um die ganz gewöhnliche Rechtsetzungsbefugnis im Rahmen des Privatrechts. Hier ist grundsätzlich kein Staat daran gehindert, Gesetze zu erlassen, die an ausländische Vorgänge inländische Rechtsfolgen knüpfen.

Historische Bedeutung des Territorialitätsprinzips im Rahmen des Urheberrechts

Historisch erlangte das Territorialitätsprinzip - bezogen auf das Urheberrecht - zunächst dadurch Bedeutung, dass die Wirkung von vom Landesherrn verliehener Privilegien denknotwendig auf das dem jeweiligen Landesherrn eigene Territorium beschränkt war. Privilegien waren in der Regel die Belohnung für besondere Leistungen und Arbeit der Drucker. Inhalt der Privilegien war ein (meist)befristetes Nachdruckverbot, das dem Drucker einen Wettbewerbsvorsprung sichern und es ihm dadurch wohl auch erleichtern sollte, dem Autor des zu gedruckten Werkes ein Honorar zu zahlen. Die Schutzfrist betrug in der Regel zwischen drei und zehn Jahren. In Einzelfällen konnte sie aber auch kürzer ausfallen oder sogar vom Drucker selbst gegen Zahlung einer entsprechenden Gebühr über den eigentlich geplanten Zeitrahmen hinaus - mitunter auch mehrmals - verlängert werden. In ganz seltenen Einzelfällen galten die Privilegien auch auf Lebenszeit. Die Erteilung sowie die Ausgestaltung der Privilegien standen im Ermessen des zu der jeweiligen Zeit Herrschenden.

Erste standardisierte Privilegien kamen gegen Ende des 17. Jahrhunderts auf. Ob die vorher zugestandenen Privilegien als Ausdruck einer vorhandenen Urheberrechtsüberzeugung verstanden werden durften, ist allerding umstritten und nicht endgültig geklärt. Da die Privilegien von Kaisern, den Landesherren und auch - allerdings nur selten - von freien Reichsstädten erteilt wurden, waren sie territorial begrenzt. Außerdem war selbst auch innerhalb der Grenzen ihrer territorial beschränkten Geltung ihre praktische Durchsetzung keineswegs sicher. Die Wirkung insbesondere der kaiserlichen Privilegien hing stark von dem Willen der Landesherren zu deren Beachtung ab. In anderen Staaten wiederum war das Urheberrecht gar nicht erst existent, sofern es in diesen Staaten nicht selbständig mittels eines separaten Verleihungsaktes begründet wurde. Das Territorialitätsprinzip bezeichnet diese Beschränkung der räumlichen Wirkung des Urheberrechts und beherrscht auch heute noch das internationale Urheberrecht.

Das Territorialitätsprinzip nach Überwindung des Privilegienwesens

Die Basis für das Territorialitätsprinzip ist mit der Überwindung des Privilegienwesens durch die naturrechtliche Begründung des Urheberrechts und die Lehre vom geistigen Eigentum prinzipiell entfallen. In der heutigen Zeit entsteht des Urheberrecht weltweit fast ausschließlich durch den Schöpfungsakt kraft Gesetzes, ohne dass ein zusätzlicher staatlicher Akt, ähnlich der früheren Verleihung der Privilegien, von Nöten ist. Damit unterscheidet sich die Lage bezüglich des Urheberrechts jedoch gravierend von derjenigen bezüglich anderer Immaterialgüterrechte. Patente und Gebrauchsmuster sowie grundsätzlich auch Geschmacksmuster und die Marke zum Beispiel sind registrierungspflichtig. Zu ihrer Entstehung beziehungsweise zu ihrem Schutz bedürfen sie demzufolge staatlicher Mitwirkung. Zumindest für das Urheberrecht ist das Territorialitätsprinzip daher durch die Rechtsentwicklung überholt.

Inhalt des Territorialitätsprinzips

Der wesentliche Aussagegehalt des Kerns des Territorialitätsprinzips ist folgender: Ein inländisches Schutzrecht kann nur im Inland, ein ausländisches Schutzrecht kann entsprechend nur im Ausland verletzt werden. Auf fremdenrechtlicher Ebene bewirkt das Territorialitätsprinzip damit eine Versagung des Schutzes. Schließlich wird ein ausländisches Urheberrecht im Inland grundsätzlich nicht geschützt. Mittlerweile ist es allerdings weitgehend anerkannt, dass ein inländisches Gericht durch das Territorialitätsprinzip nicht daran gehindert ist, wenn seine internationale Zuständigkeit für den Verletzungsprozess gegeben ist, Elemente des ausländischen Sachverhalts zu beachten. Insbesondere besteht hier für das Gericht die Möglichkeit, durch die Anwendung des einschlägigen ausländischen Rechts das ausländische Urheberrecht zu schützen. Das Territorialitätsprinzip gibt allerdings keine Antwort auf das Problem, nach welchem Recht ein ausländisches Urheberrecht im Inland zu schützen ist, wenn Staatsverträge zur Gewährung von Urheberrechtsschutz verpflichten. Das Territorialitätsprinzip wird von den urheberrechtlichen Staatsverträgen als gegeben aber nicht als unabänderlich vorausgesetzt. Sie haben das Ziel, die sich aus dem Territorialitätsprinzip ergebende fremdenfeindliche Diskriminierung aufzuheben beziehungsweise zu mildern. Dies soll erreicht werden durch die Gewährung von Mindestrechten und vor allem durch die Pflicht zu Inländerbehandlung.

Korrektur des Territorialitätsprinzips durch den Grundsatz der Inländerbehandlung und die Mindestrechte der Revidierten Berner Übereinkunft

Der Grundsatz der Inländerbehandlung ist in der Revidierten Berner Übereinkunft verankert. Bei dem Grundsatz handelt es sich um ein fremdenrechtliches Schutzgebot. Demnach werden ausländische Urheber für ihre durch die Revidierte Berner Übereinkunft geschützten Werke inländischen Urhebern gleichgestellt. Dieses Assimilationsprinzip enthält jedoch noch keinerlei materiell-rechtliche Aussage. Es begnügt sich vielmehr mit formeller Gegenseitigkeit. Die Revidierte Berner Übereinkunft vertraut insoweit darauf, dass die Verbandsländer die inländischen Urheber bereits aus eigenem Interesse ausreichend schützen. Dies kann zur Konsequenz haben, dass ein ausländischer Urheber in Deutschland höheren Urheberrechtsschutz genießt als umgekehrt ein deutscher Urheber im zu dem Verband gehörenden Ausland.

Dieses Ungleichgewicht des Verbandsschutzes wird durch einige spezielle Vorschriften ausgeglichen, die über die formelle Gegenseitigkeit hinaus auch materielle Gegenseitigkeit verlangen. Der Grundsatz der Inländerbehandlung hat den Vorteil, dass ein Eingriff in das materielle Urheberrecht der Verbandsländer nicht notwendig ist. Vielmehr passt sich der Verbandsschutz automatisch und flexibel an die Fortentwicklung der nationalen Urheberrechte an. Dies wird dadurch erreicht, dass die Revidierte Berner Übereinkunft die Pflicht zur Inländerbehandlung ausdrücklich ebenfalls auf in Zukunft gewährte Rechte erstreckt. Die einzige Voraussetzung hierfür ist, dass es sich bei den in Zukunft gewährten Rechten um urheberrechtliche Befugnisse handelt.

Der durch den Grundsatz der Inländerbehandlung gewährte formelle Verbandsschutz wird materiell-rechtlich angereichert durch die konventionseigenen Mindestrechte. Diese sind seit 1886 dem wachsenden internationalen Konsens folgend stetig ausgeweitet worden. Zu den Mindestrechten gehören das Urheberpersönlichkeitsrecht, das Übersetzungsrecht, das Vervielfältigungsrecht, das Aufführungs-, Sende- und Vortragsrecht sowie das Bearbeitungsrecht. Außerdem hat auch die Mindestschutzfrist von grundsätzlich 50 Jahren nach dem Tode des Urhebers eine einheitliche Regelung erfahren. Die Verbandsländer können in eigenständigen nationalen Regelungen über den von den Mindestrechten gewährten Schutz hinaus gehen. Insofern behält der Grundsatz der Inländerbehandlung auch hinsichtlich des Schutzbereiches der Mindestrechte eine eigenständige Bedeutung. Die Urheber können sich unmittelbar auf die Mindestrechte der Revidierten Berner Übereinkunft berufen.

Das Territorialitätsprinzip im Rahmen des heutigen Urheberrechts

Im Rahmen des heutigen Urheberrechts erweist sich das Territorialitätsprinzip als verfehlt. Es ist von der Rechtsentwicklung überholt. Seine Ausländer diskriminierenden Auswirkungen erscheinen zunehmend fragwürdig. Allzu häufig muss es zudem als schlagwortartiger Argumentationsersatz in Bereichen herhalten, die es überhaupt nicht betrifft.

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