Welche Grundrechte haben Gefangene?


Um die Menschenrechtssituation von Gefangenen stand es eigentlich nie besonders gut. Schließlich haben sie in den Augen der Bevölkerung eine schwere Tat begangen für die die Gefangenen zu büßen haben. Dies änderte sich nach Ende des Zweiten Weltkrieges langsam.
Jedoch wurde auch weiterhin festgestellt, dass die Gefangenen solange sie sich in den Händen des Strafvollzuges stehen nicht direkt Grundrechtsträger sind, sondern in einem sogenannten „besonderen Gewaltverhältnis“ stehen, in dem sie sich den Anordnungen des Staate Folge leisten müssen, ihre Grundrechte kamen also nicht zur Geltung. Ende der Sechziger änderte sich die Situation zusehens, ab 1969 dürfen Strafgefangene wählen. Sie haben das aktive Wahlrecht, das auch nur bei einigen politischen Straftaten, wie z.B. Landesverrat oder Preisgabe von Staatsgeheimnissen, aberkannt werden kann. Auch ein mehrfacher Mörder hat also die Möglichkeit den Bundestag zu wählen. Das passive Wahlrecht, also das Recht sich selbst zur Wahl zu stellen, ist bei allen Straftätern ab einer Verurteilung zu einem Jahr Freiheitsstrafe für fünf Jahre aberkannt.

Damit Gefangene ihrem Wahlrecht nachgehen können, werden sie der Gemeinde gemeldet und können in der Regel Briefwahl machen. Auch Wahlwerbung wird im Gefängnis ausgehängt, damit sich die Gefangenen ein Bild machen können. Die Wahlbeteiligung ist jedoch zumeist sehr gering.

Ab Anfang der Siebziger Jahre änderte sich auch der Rest. Als Vollzugsziel trat die Resozialisierung in den Vordergrund, also das Ziel, dass der Gefangene nach seiner Entlassung ein selbständiges Leben in der Gesellschaft ohne Straftaten führen kann.
Das Bundesverfassungsgericht stellte fest, dass die Grundrechte auch in den besonderen Gewaltverhältnissen gelten. Grundrechtseingriffe sind seitdem rechtfertigungsbedürftig.
Heute befindet sich der Strafgefangene in einem sog. Sonderstatusverhältnis, er ist also Grundrechtsträger mit der Ausnahme, dass bei Maßnahmen die organisatorische Maßnahmen die den Anstaltsvollzugsberieb regeln Grundrechtsschutz ausgenommen ist. Eine kurzeitige Verlegung wegen Umbaus beispielsweise ist eine solche Maßnahme. Eine sonstige Verlegung in eine andere Haftanstalt ist dann nicht davon gedeckt, wenn sie für längere Zeit ist und der Gefangene sich in der alten Anstalt bereits soziale Kontakte aufgebaut hat.

Das Strafvollzugsgesetz schränkt jedoch einige Grundrechte ein, ohne die ein geregelter und sicherer Strafvollzug nicht zu gewährleisten ist. So ist das Postgeheimnis oder die Freiheit der Person eingeschränkt. Andere finden ihre Grenzen im Alltag des Justizvollzuges, Beispiele sind die Versammlungsfreiheit, die Vereinigungsfreiheit oder das Recht auf Ehe und Familie.
Auch die Berufswahlfreiheit hängt stark von den Einrichtungen im jeweiligen Gefängnis ab.
Die Zelle stellt zwar auch eine Art Wohnung dar, jedoch ist der Schutz der Wohnung auch für die Hafträume beschränkt.

Andere Grundrechte werden, auch gerade durch das Strafvollzugsgesetz, ausdrücklich gefördert. So beispielsweise die freie Religionsausübung, für die Gefängnisseelsorger sorgen. Bei muslimischen Strafgefangenen, besteht hier allerdings Nachholbedarf. Auch auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Gefangenen und auf den Datenschutz wird besonderer Wert gelegt. Auch dürfen Gefangene nach neuester Rechtsprechung auch auf einen Anwalt ihrer Wahl bestehen, wenn sie schon zu einem ein Vertrauensverhältnis aufgebaut haben. Auch das Informationsrecht wird gewährleistet, Gefangene haben die Möglichkeit einen Fernseher und Radio zu haben und Zeitungen zu abonnieren. Fast alle Gefängnisse haben Gefangenbüchereien. Internet ist mancherorts im Aufbau, eine flächendeckende Nutzbarkeit wird sich aber noch hinauszögern. Allerdings ist Internet gerade für Fernstudierende in Anstalten sehr wichtig.

Im Jugendstrafvollzug ist der Gefangene deutlich eingeschränkter, hier wird derzeit viel diskutiert, ob dieser so noch verfassungsgemäß ist und nicht an manchen Stellen nachgebessert werden muss. Um den Strafvollzug auch transparent zu machen und eine Instanz zu schaffen, an die sich die Gefangenen bei alltäglichen Problemen wenden können wurden, sog. Anstaltsbeiräte geschaffen. Diese Beiräte bestehen aus Persönlichkeiten der Region, wie Politiker oder Kirchenvertretern.

In jedem Fall sollten Gefangene nicht zögern ihre Grundrechte geltend zu machen und wenn nötig gerichtlich einzufordern. Der Strafvollzug ist das Äußerste mit dem ein Mensch in der Demokratie belastet werden kann, dieser sollte dann auch nach den Regeln dieser Demokratie unter Grundrechtsschutz durchgeführt werden.

Ähnliche Artikel

Durchsuchen Sie Rechtssartikel