Das besondere Gesetzgebungsverfahren der Europäischen Gemeinschaft: Was sind Durchführungsakte?


Durchführungsrechtsakte sind Rechtsakte zur Durchführung von Gesetzgebungsakten und anderen Rechtsakten. Durchführungsbefugnisse können an die Kommission oder in Sonderfällen auch an den Rat übertragen werden. Das Europäische Parlament und der Rat legen durch Verordnungen, welche im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden, im Voraus Grundsätze und allgemeine Regeln fest, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren. Es können fünf Rechtsetzungsverfahren bei der Wahrnehmung von Durchführungsbefugnissen durch die Kommission unterschieden werden: das Beratungsverfahren, das Verwaltungsverfahren, das Regelungsverfahren mit Kontrolle und das Verfahren bei Schutzmaßnahmen. In allen Verfahren, außer dem Verfahren bei Schutzmaßnahmen, wird die Kommission von einem Ausschuss, bestehend aus Vertretern der Mitgliedstaaten, in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt, unterstützt.

Es dürfen jedoch nur Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Nach Aussage des Europäischen Gerichtshofs müssen die wesentlichen Elemente eines Bereichs nach dem vom Vertrag vorgesehenen Verfahren geregelt werden. Sie dürfen nicht delegiert werden. Wesentlich sind dabei solche Bestimmungen, durch die die grundsätzliche Ausrichtung der Gemeinschaftspolitik umgesetzt wird. Trotzdem sind immer noch die übertragenen Befugnisse genau zu umschreiben sowie die Kompetenzgrenzen der Kommission deutlich anzugeben. Bei Maßnahmen im wirtschaftspolitischen Bereich, insbesondere im Agrarbereich, sind die an die Bestimmtheit der Ermächtigung gestellten Anforderungen reduziert und die Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in der Ermächtigungsnorm ist zulässig. Welches der fünf Verfahren konkret zur Anwendung kommt, ist im jeweiligen, die Durchführungsbefugnis übertragenden Basisrechtsakt durch den Rat, gegebenenfalls gemeinsam mit dem Europäischen Parlament, festzulegen.

Im Verwaltungsverfahren sollen Verwaltungsmaßnahmen wie etwa Maßnahmen zur Umsetzung der gemeinsamen Agrar- und Fischereipolitik oder zur Durchführung von Programmen mit erheblichen Auswirkungen auf den Haushalt erlassen werden. Der Verwaltungsausschuss unterstützt dabei die Kommission, welchem vom Vertreter der Kommission ein Entwurf der zu treffenden Maßnahmen unterbreitet wird. Der Ausschuss gibt daraufhin eine Stellungnahme ab. Die Kommission versucht dann der Stellungnahme des Ausschusses nach bester Möglichkeit Rechnung zu tragen. Dagegen sollen im Regelungsverfahren Maßnahmen von allgemeiner Tragweite, mit denen wesentliche Bestimmungen von Basisrechtsakten angewandt werden sollen, wie etwa Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit oder Sicherheit von Menschen, Tieren, oder Pflanzen sowie Maßnahmen zur Anpassung oder Aktualisierung nicht wesentlicher Bestimmungen eines Basisrechtsaktes verabschiedet werden.

Auch hier unterbreitet die Kommission einem Regelungsausschuss einen Entwurf der zu treffenden Maßnahmen. Der Ausschuss nimmt dazu Stellung. Stimmen Stellungnahme und die zu treffenden Maßnahmen inhaltlich überein, kann die Kommission die Maßnahmen erlassen. Ist dies allerdings nicht der Fall, fallen die übertragenen Rechtsetzungsbefugnisse auf den Rat zurück. Die Kommission unterbreitet dann diesem einen Rechsetzungsvorschlag und unterrichtet zusätzlich das Europäische Parlament. Der Rat kann dann innerhalb der gegebenen Frist von drei Monaten die Durchführungsmaßnahme beschließen. Spricht sich der Rat allerdings gegen den Kommissionsvorschlag aus, kann die Kommission ihren Vorschlag unverändert erneut vorlegen, abändern, oder einen Rechtsetzungsvorschlag auf der Grundlage einer Rechtsetzungsermächtigung des AEU- Vertrages vorlegen. Erlässt der Rat die Maßnahme nicht innerhalb der erforderlichen Frist, oder spricht sich nicht dagegen aus, wird der vorgeschlagene Durchführungsakt von der Kommission erlassen.

Das Beratungsverfahren soll in Fällen angewandt werden, in denen es als zweckmäßigstes Verfahren erscheint. Hier wird die Kommission von einem Beratungsausschuss unterstützt, dem der Vertreter der Kommission einen Entwurf der zu treffenden Durchführungsmaßnahmen unterbreitet. Dann wird vom Ausschuss eine unverbindliche Stellungnahme dazu abgegeben, welche die Kommission beim Erlass ihrer Maßnahme soweit wie möglich berücksichtigen muss. Im Regelungsverfahren mit Kontrolle, das im Jahre 2006 neu eingeführt wurde, werden Maßnahmen von allgemeiner Tragweite beschlossen, die eine Änderung, Streichung oder Hinzufügung von nicht wesentlichen Bestimmungen eines im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassenen Basisrechtsakt bewirken. Auch hier unterbreitet die Kommission wieder dem Regelungskontrollausschuss einen Entwurf, zum dem dieser Stellung nimmt. Sind Stellungnahme und Entwurf im Einklang, legt die Kommission den Entwurf dem Rat und dem Europäischen Parlament zur Kontrolle vor. Wird der Vorschlag von einem der Kontrollinstitutionen abgelehnt, kann die Kommission einen abgeänderten Entwurf vorlegen. Wird dieser dann nicht abgelehnt, kann die Kommission die Maßnahme wie vorgeschlagen erlassen.

Weicht die Stellungnahme des Regelungskontrollausschusses hingegen vom Entwurf der Kommission ab, unterbreitet diese dem Rat den Vorschlag und übermittelt ihn gleichzeitig an das Europäische Parlament. Lehnt der Rat die vorgeschlagene Maßnahme ab, kann die Kommission sie erneut abändern oder einen Rechtsetzungsvorschlag auf der Grundlage des Vertrages vorlegen. Will der Rat die Maßnahme erlassen, unterbreitet er diese dem Europäischen Parlament. Lehnt nun das Europäische Parlament den Kommissionsvorschlag ab, kann die Kommission wiederum einen geänderten Vorschlag auf der Grundlage des Basisrechtsakts unterbreiten oder einen Rechtsetzungsvorschlag auf der Grundlage des Vertrages vorlegen. Lehnt das Parlament den Vorschlag nicht ab, kann entweder der Rat oder die Kommission die vorgeschlagene Maßnahem erlassen.

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