Der Vertrag von Lissabon hat die intergouvernemental ausgestaltete Polizeiliche und Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in supranationale Entscheidungsstrukturen überführt. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union schafft dabei weitreichende Kompetenzen, die die behördliche Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten in den Bereichen Prävention und der Strafverfolgung fördern sollen. So erlassen das Parlament der Europäischen Union und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren Maßnahmen, um Regeln und Verfahren festzulegen, mit denen die Anerkennung aller Arten von Urteilen und gerichtlichen Entscheidungen in der gesamten Union sichergestellt wird. Ferner versuchen sie die Kompetenzkonflikte zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern und beizulegen und die Weiterbildung von Richtern und Staatsanwälten sowie Justizbediensteten zu fördern.
Schließlich soll die Zusammenarbeit zwischen den Justizbehörden oder entsprechenden Behörden der Mitgliedstaaten im Rahmen der Strafverfolgung sowie des Vollzugs und der Vollstreckung von Entscheidungen erleichtert werden. Darüber hinaus ermöglicht der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, dass das Parlament der Europäischen Union und der Rat gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren durch Richtlinien Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität festlegen können.
Diese Richtlinien sollen aufgrund der Art oder der Auswirkungen der Straftaten oder aufgrund einer besonderen Notwendigkeit, sie auf einer gemeinsamen Grundlage zu bekämpfen, eine grenzüberschreitende Dimension haben. Solche Straftaten fallen beispielsweise in die Kriminalitätsbereiche Terrorismus, Menschenhandel und sexuelle Ausbeutung von Frauen und Kindern, illegaler Drogenhandel, illegaler Waffenhandel, Geldwäsche, Korruption, Fälschung von Zahlungsmitteln, Computerkriminalität und organisierte Kriminalität. Je nach Entwicklung der Kriminalität kann der Rat sogar einen Beschluss erlassen, in dem andere Kriminalitätsbereiche bestimmt werden, die dieselben Kriterien erfüllen. Diesem Ziel ist, wenn auch gegenständlich begrenzt, die Rechtsangleichung auf den Gebieten des Strafprozessrechts verschrieben, die instrumentell durch die gegenseitige Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen erreicht werden soll.
Soweit dies zur Erleichterung der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Urteile und Entscheidungen und der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen mit grenzüberschreitender Dimension erforderlich ist, können auch das Parlament der Europäischen Union und der Rat Mindestvorschriften festlegen. Die Mitgliedstaaten besitzen wegen der besonderen grundrechtlichen Relevanz dieses Politikfeldes ein suspensives Veto. Auch hat der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union bestimmt, dass der Rat gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen eine Europäische Staatsanwaltschaft einsetzen kann. Dies ist durch einstimmigen Beschluss des Rats und nach Zustimmung des Parlaments der Europäischen Union geschehen.