Die Mitgliedschaft der Europäischen Union in der Welthandelsorganisation


Die Europäische Union ist neben ihren Mitgliedstaaten auch selbst Mitglied der Welthandelsorganisation. Dies wird durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ermöglicht. Die Europäische Union ist seit dem Vertrag von Lissabon rechtsfähig. Sie ist die Rechtsnachfolgerin der Europäischen Gemeinschaft. Gegenüber Drittstaaten im Außenverhältnis sowie gegenüber internationalen Organisationen bedarf es im Falle einer Rechtsnachfolge allerdings einer Anerkennung, welche auch konkludent, das bdeutet aus den Umständen hervorgehend, erfolgen kann. Es ist jedoch seit Inkrafttreten des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union problematisch, dass die Europäische Union auch neben den Mitgliedstaaten Mitglied der Welthandelsorganisation ist. Dieser sieht nämlich die ausschließliche Zuständigkeit der Europäischen der Union auf allen Regelungsgebieten des Rechts der Welthandelsorganisation vor. Dazu zählt insbesondere der Warenhandel, Dienstleistungen und der Schutz des geistigen Eigentums, sowie zukünftig möglicherweise der Handel und Wettbewerb, Handel und Investitionen sowie Transparenz im öffentlichen Beschaffungswesen.

Kommt es zu einem Abschluss der zur Zeit stockenden Doha-Runde, in der seit dem Jahr 2001 Regierungsvertreter der Vertragsparteien der Welthandelsorganisation nach Lösungen für verbesserte Chancen der Entwicklungsländer im Welthandel suchen, wird nunmehr allein die Europäische Union zur Unterzeichnung der entsprechenden Verträge zuständig sein. Dabei ist jedoch unklar, welche Konsequenzen dies für die Mitgliedschaft der Mitgliedstaaten hat. Eine Reihe von multilateralen Abkommen sind dem Übereinkommen zu Errichtung der Welthandelsorganisation im Anhang beigefügt. Deren Vertragspartei ist ebenfalls die Europäische Union. Nennenswert ist dabei vor allem das Allgemeine Zollabkommen und Handelsabkommen. Es wiederholt weitgehend die Regelungen des General Agreement on Tariffs and Trade, zu deutsch Allgemeines Zollabkommen und Handelsabkommen, aus dem Jahre 1947, dem die Europäische Gemeinschaft allerdings nicht förmlich beigetreten war.

Da die Europäische Gemeinschaft jedoch in die handelspolitischen und zollpolitischen Kompetenzen ihrer Mitgliedstaaten, die dem General Agreement on Tariffs and Trade angehörten, hineingewachsen war, hatte sie faktisch die Stellung einer Vertragspartei inne. Das Allgemeine Übereinkommen über den Handel mit Dienstleistungen, General Agreement on Trade in Services, ergänzt das neue General Agreement on Tariffs and Trade unter anderem. Eine weitere Ergänzung stellt das Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums, Agreement on Trade Related Aspects of Intellectual Property Rights, dar. Das neue System des General Agreement on Tariffs and Trade verfügt durch die Welthandelsorganisation über eine institutionelle Struktur, die auch einen obligatorischen Streitbeilegungsmechanismus umfasst. Umstritten ist jedoch die Rechtwirkungen, die von Streitbeilegungsentscheidungen der Welthandelsorganisation auf das Recht der Europäischen Union ausgeht.

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union legt fest, dass der Rat einstimmig über den Abschluss eines Abkommens über den Dienstleistungsverkehr entschließt. Zudem beschließt er auch einstimmig über Handelsaspekte des geistigen Eigentums sowie über ausländische Direktinvestitionen, wenn die Abkommen Bestimmungen enthalten, bei denen für die Annahme interner Vorschriften Einstimmigkeit erforderlich ist. Das gleiche gilt gemäß des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auch für den Bereich des Handels mit kulturellen und audiovisuellen Dienstleistungen, wenn diese Abkommen die kulturelle und sprachliche Vielfalt in der Union beeinträchtigen können sowie für den Handel mit Dienstleistungen, den Sozialsektor, den Bildungssektors und den Gesundheitssektor, wenn diese Abkommen die einzelstaatliche Organisation dieser Dienstleistungen ernsthaft stören und die Verantwortlichkeit der Mitgliedstaaten für ihre Erbringung beeinträchtigen könnten.

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