MT Verbot der marktbeherrschenden Stellung


Das Missbrauchsverbot richtet sich anders als das Kartellverbot nicht generell an Unternehmen, sondern nur an solche die eine beherrschende Stellung auf dem Binnenmarkt oder eines wesentlichen Teils dessen haben. Eine solche Stellung kann dabei nur auf einem umgrenzbaren und konkreten Markt entstehen. Die Frage, ob eine marktbeherrschende Stellung vorliegt wird in zwei Stufen beantwortet. Auf der ersten Stufe wird festgelegt, welcher Markt relevant ist. Es wird also der Rahmen bestimmt, innerhalb dessen das Wettbewerbsrecht im konkreten Fall angewendet werden soll. Auf der zweiten Stufe wird dann die Stellung des Unternehmens beziehungsweise der Unternehmen bestimmt, die auf dem konkreten Markt tätig sind und ihr Verhalten auf einen möglichen Verstoß gegen das Verbot der marktbeherrschenden Stellung untersucht.

Der im Rahmen des Wettbewerbsverbotes verwendete Begriff des relevanten Marktes unterscheidet sich vom umgangssprachlichen Begriff. Er dient der genauen Abgrenzung des Bereiches, in dem Unternehmen als Anbieter bestimmter Produkte miteinander konkurrieren. Hauptweck dieses abgewandelten Marktbegriffs ist es dabei, eine systematische Ermittlung der Wettbewerbskräfte, denen sich die beteiligten Unternehmen zu stellen haben, vorzunehmen. Es wird untersucht, welche der vorhandenen konkurrierenden Unternehmen tatsächlich in der Lage sind, dem Verhalten der anderen Unternehmen Schranken zu setzen und sie daran zu hindern, sich einem wirksamen Wettbewerbsdruck zu entziehen, also zum Beispiel unabhängig von anderen Unternehmen die Preise für ein bestimmtes Produkt mit überhöhten Gewinnmargen festzusetzen. Es ist entscheidend für einen Verstoß gegen das Verbot der marktbeherrschenden Stellung, zunächst den relevanten Markt zu ermitteln, denn ob ein Unternehmen eine marktbeherrschenden Stellung innehat, ist anhand der Marktanteile und der Größe des Marktes zu ermitteln.

Es sind dabei drei Kategorien des relevanten Marktes zu unterscheiden. Eine sachliche Komponente regelt insbesondere die unterschiedlichen Produkte oder Dienstleistungsarten. Eine geographische Komponenten nimmt eine Abgrenzung des räumlich relevanten Markts vor und eine teilweise verwendete zeitliche Komponente wird für beispielsweise jahreszeitabhängige Produkte oder Dienstleistungen verwendet. Diese Fragen werden grundsätzlich aus der Perspektive der Marktgegenseite, also der des Verbrauchers ermittelt.

Denn können Verbraucher beispielsweise wegen mangelnder Qualität oder zu hohen Preisen auf ein anderes Produkt wechseln, kann der Anbieter des Produktes seine Verkaufsbedingungen nicht beliebig ändern und damit den Markt dominieren. Die Nachfragesubsidiarität, also Erzeugnisse, die wegen ihrer Merkmale dem gleichen Bedarf dienen und aus Perspektive der Verbraucher mit anderen Erzeugnissen nur in geringem Maß austauschbar sind, stellt das wichtigste Kriterium für die Marktabgrenzung dar, da die Gefahr des Kundenverlustes das Verhalten der Unternehmen am intensivsten beeinflusst.
Als wichtigstes Tatbestandsmerkmal ist schließlich eine Marktbeherrschung erforderlich. Diese ist regelmäßig gegeben, wenn Unternehmen in der Lage sind, wirksamen Wettbewerb auf dem jeweils relevanten Markt zu verhindern. Dafür müssen die Unternehmen aufgrund ihrer herausragenden Marktstellung die Möglichkeit haben, sich ihren Wettbewerber, Abnehmern und am Ende auch den Verbrauchern gegenüber in einem nennenswerten Umfang unabhängig zu verhalten. Dies liegt vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen in seiner Verhaltensweise keine Rücksicht auf das Vorgehen und die Reaktionen der Abnehmer und Wettbewerber zu nehmen braucht.

Um den Grad der Marktmacht zu ermitteln, wird häufig als maßgeblicher Anhaltspunkt der Marktanteil des entsprechenden Unternehmens ermittelt. Die Kommission der Europäischen Union, die im politischen System der Europäischen Union vor allem Aufgaben der Exekutive wahrnimmt, geht von einem groben Richtwert von 40% aus, ab dem von einer marktbeherrschenden Stellung ausgegangen werden kann. Ab einem Marktanteil von 70% kann dann in der Regel ohne weitere Prüfung von einer marktbeherrschenden Stellung ausgegangen werden. Allein entscheidend für die Feststellung ob eine Marktbeherrschung vorliegt, ist der Marktanteil, wenn er in niedrigeren Konzentrationen vorliegt aber nicht. Ein hoher Marktanteil ist dann zum Beispiel kein Anhaltspunkt für eine marktbeherrschende Stellung, wenn die Nachfrage der Verbraucher ausreicht, um das Verhalten des anbietenden Unternehmens zu kontrollieren. Es stellt dann lediglich einen bedeutsamen Faktor dar.

Zusätzlich kommen noch weitere Kriterien wie beispielsweise das Verhältnis der Marktanteile der Wettbewerber, die Existenz von Markteintrittsschranken, die Nachfragemacht der Abnehmer und auch die Preisbestimmungsmacht eines Unternehmens oder dessen Kapitalkraft. Am Ende des Tages wird eine marktbeherrschende Stellung einzig und allein daran festgemacht, ob ein Unternehmen die Möglichkeit hat, sich völlig unabhängig von Wettbewerbern, Abnehmern und Verbrauchern zu verhalten. Kein Kriterium stellen die Umsätze und Gewinne dar. So muss ein hoher Gewinn keine Vermutung für eine marktbeherrschende Stellung begründen, genauso wenig wie hohe Verluste die Vermutung für eine marktbeherrschende Stellung nicht ausschließen können.

Zusätzlich wird durch die Missbrauchsaufsicht nicht nur die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung eines Unternehmens pönalisiert, sondern auch die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch mehrere Unternehmen. Somit ist bei der Prüfung, ob eine marktbeherrschende Stellung vorliegt, nicht nur auf den Marktanteil einzelner Unternehmen abzustellen, sondern eben auch auf die kollektive Marktmacht mehrerer Unternehmen. Eine solche Betrachtungsweise erscheint dann erforderlich, wenn zwischen mehreren Unternehmen auf Grund ihres faktischen einheitlichen oder sogar abgestimmten Vorgehens kein wirksamer Interessenswettbewerb entsteht. Wenn die Maßnahmen und Beschlüsse mehrerer Unternehmen eine gleichsam einseitige Verhaltensweise darstellen, treten diese Unternehmen einheitlich auf dem Markt auf. Die verschiedenen Unternehmen müssen, um das Tatbestandsmerkmal einer marktbeherrschenden Stellung zu erfüllen, dergestalt miteinander verbunden sein, dass sie als Einheit auf dem Markt erscheinen. Was allerdings eine solche Einheit genau darstellt und welche Kriterien für sie erhoben werden ist noch nicht abschließend geklärt. Entscheidend erscheint aber weniger die Gestalt der Verbindung zwischen den verschiedenen Unternehmen als vielmehr das Resultat der Verbindung, nämlich ob die Unternehmen auf Grund der Verbindung als Markteinheit auftreten oder nicht.

Lokal muss sich die marktbeherrschende Stellung auf den Binnenmarkt oder auf einen wesentlichen Teil des Binnenmarktes beziehen. Erst nachdem diese erste Eingrenzung erfolgt ist, kann in einem anschließenden Schritt geprüft werden, ob ein wesentlicher Teil des Binnenmarktes von der Maßnahme des Unternehmens betroffen ist. Ein wesentlicher Teil des Binnenmarktes ist allerdings nicht erst dann von der Maßnahme des Unternehmens betroffen, wenn der relevante räumliche Markt die Grenze von Mitgliedstaaten der Europäischen Union überschreitet, denn das Staatsgebiet eines größeren Mitgliedstaates kann schon einen wesentlichen Teil des gesamten Binnenmarktes darstellen.

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