Die Landwirtschafts- und Fischereipolitik der Europäischen Union


Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union bestimmt, dass die Europäische Union die gemeinsame Landwirtschaftspolitik und Fischereipolitik festlegt und auch durchführt. Die Landwirtschaft, die Fischerei und der Handel mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen sind Teil des Binnenmarktes. Die Bezugnahme auf die gemeinsame Agrarpolitik oder auf die Landwirtschaft und die Verwendung des Wortes „landwirtschaftliche“ sind in dem Sinne zu verstehen, dass damit unter Berücksichtigung der besonderen Merkmale des Fischereisektors auch die Fischerei gemeint ist. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterwirft die landwirtschaftlichen Erzeugnisse einer besonderen Behandlung. Die Vorschrift über die Errichtung oder das Funktionieren des Binnenmarktes finden auf sie nur Anwendung, soweit der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in den Bestimmungen über die Landwirtschaftspolitik nichts anderes festlegt.

Ziel der gemeinsamen Agrarpolitik ist es, die Produktivität der Landwirtschaft durch Förderung des technischen Fortschritts, Rationalisierung der landwirtschaftlichen Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeitskräfte, zu steigern. Auf diese Weise soll der landwirtschaftlichen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens der in der Landwirtschaft tätigen Personen, eine angemessene Lebenshaltung ermöglicht werden. Zudem ist es das erklärte Ziel die Märkte zu stabilisieren, die Versorgung sicherzustellen und für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen.

Um diese Ziele des zu erreichen, wird eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte geschaffen. Diese besteht je nach Erzeugnis aus gemeinsamen Wettbewerbsregeln, der bindenden Koordinierung der verschiedenen einzelstaatlichen Marktordnungen, sowie einer europäische Marktordnung. Solche Marktordnungen sehen häufig eine Abnahmegarantie zu einem bestimmten Preis vor, sowie wegen der meist niedrigeren Weltmarktpreise Agrarzölle für Importe aus Drittländern und Subventionen für Exporte in Drittstaaten. Beispiele für diese Marktordnungen sind die Marktordnung für Getreide, die Marktordnung für Milch, die Marktordnung für Zucker, die Marktordnung für Rindfleisch und die Marktordnung für Bananen.

Die auf dem Grundsatz der Gemeinschaftspräferenzen basierende Agrarmarktordnung sahen bis ins Jahr 1995 variable Einfuhrabschöpfungen vor, die einen Ausgleich zwischen den niedrigen Weltmarktpreisen und den Gemeinschaftspreisen schaffen sollten. Die so gemeinsame gestaltete Organisation kann also alle zur Durchführung der Ziele erforderlichen Maßnahmen einschließen, insbesondere Preisregelungen, Beihilfen für die Erzeugung und die Verteilung der verschiedenen Erzeugnisse, Einlagerungs- und Ausgleichsmaßnahmen, gemeinsame Einrichtungen zur Stabilisierung der Einfuhr oder Ausfuhr. Dies hat sich auf die Verfolgung der Ziele zu beschränken. Die Diskriminierung zwischen Erzeugern oder Verbrauchern innerhalb der Europäischen Union ist auszuschließen. Eine etwaige gemeinsame Preispolitik muss auf gemeinsamen Grundsätzen und einheitlichen Berechnungsmethoden beruhen.

Durch die Umsetzung des im Rahmen der Verhandlungen über das General Agreement on Tariffs and Trade abgeschlossene Übereinkommen über die Landwirtschaft wurden die Einfuhrabschöpfungen im Jahr 1994 durch feste Agrarzölle ersetzt. Diese unterfallen dem Gemeinsamen Zolltarif. Heutzutage werden Einfuhrabschöpfungen nur noch in Form von Ausfuhrabschöpfungen erhoben. Diese sollen den Abfluss zu großer Warenmengen auf den Weltmarkt verhindern, in denen der Weltmarktpreis über dem der Preise der Europäischen Union liegt.

Grundlage für die Fischereipolitik, die einen Teil der Agrarpolitik darstellt, bildet eine Verordnung vom 20. Dezember 2002 über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung der Fischereiressourcen im Rahmen der gemeinsamen Fischpolitik. Diese sieht eine jährliche Festlegung einer Gesamtfangmenge und die Aufteilung in nationale Quoten vor. Dabei wurde beispielsweise festgelegt, dass wegen des besonders knappen Vorkommens bestimmter Arten die Vernichtung von hochwertigen Fischen, die aus dem Handel genommen wurden, soweit wie möglich vermieden werden sollte. Zu diesem Zweck wurde eine Beihilfe für die Verarbeitung, die Haltbarmachung und die Lagerung bestimmter Mengen zurückgenommener frischer Erzeugnisse für den menschlichen Verzehr eingerichtet. Diese Beihilfe gilt dabei für alle Arten, die möglicherweise aus dem Handel genommen wurden und in Zukunft noch werden. Dieser Mechanismus, der gleichzeitig eine Form der Intervention und eine Wertsicherung der Fischereierzeugnisse darstellt, sollte jedoch von den Erzeugerorganisationen stärker in Anspruch genommen werden können. Es wurde dabei allerdings auch das Problem festgestellt, dass es angesichts der regionalen Preisunterschiede bei bestimmten Arten zum nicht möglich ist, diese Arten in die Regelung des finanziellen Ausgleichs an die Erzeugerorganisationen einzubeziehen.

Das Gesamtziel der Fischereipolitik liegt aber weniger in der Begrenzung der Überproduktion als in der Erhaltung der Fischereibestände. Mit der Verordnung vom 17. Dezember 1999 hat der Rat eine gemeinsame Marktorganisation für Erzeugnisse der Fischerei und der Aquakultur erlassen. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union sieht vor, dass zur Verwirklichung dieser Ziele ein oder mehrere Ausrichtungsfonds oder Garantiefonds für die Landwirtschaft geschaffen werden können. Dem wurde am 1. Januar 2007 mit Einrichtung des Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft und den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums Rechnung getragen. Diese verfügen über keine eigene Rechtspersönlichkeit. Der Fischereifonds der Europäischen Union trägt die gemeinsamen Ausgaben für die gemeinsame Fischereipolitik.

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