Regelungen zum Kartellverbot


In den Tatbestand des Kartellverbotes fallen sowohl Vereinbarungen und Beschlüsse als auch abgestimmte Verhaltensweisen, die dazu geeignet sind, den Handel in den Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen. Eine Vereinbarung liegt dabei dann vor, wenn mehrere Unternehmen übereinstimmend ihren Willen zum Ausdruck bringen, sich auf dem Markt in bestimmter Weise zu verhalten. Entscheidend ist also der korrespondierende Willen der Unternehmen. Früher wurde nur eine horizontale Absprache, also beispielsweise Vereinbarungen über den Preis eines bestimmten Gutes oder Dienstleistung unter den Tatbestand des Kartellverbotes subsumiert. Heute werden allerdings auch vertikale Absprachen zwischen Hersteller und dessen Vertriebspartner vom Kartellverbot erfasst. Eine Vereinbarung muss dabei auch keinen rechtsverbindlichen Vertrag darstellen. Es genügt auch ein sogenanntes gentlemen’s agreement, denen der rechtsgeschäftliche Charakter fehlt. Es sollte jedoch mindestens eine faktische Bindungswirkung vorhanden sein, um eine Abgrenzung zur abgestimmten Verhaltensweise zu ermöglichen.

Beschlüsse stellen Maßnahmen dar, bei denen keine rechtsverbindliche Wirkung vorausgesetzt wird, wenn die Unternehmen mittelbar oder faktisch gebunden werden, welche von Organen der Vereinigung als auch von der Mehrzahl der beteiligten Unternehmen getroffen werden.

Den Auffangtatbestand bilden die abgestimmten Verhaltensweisen. Unter sie fallen alle Formen des Zusammenwirkens, die gegen das Kartellverbot aus Art. 101 AEUV verstoßen und die nicht unmittelbar durch eine planmäßige gemeinsame Willensbildung von Unternehmen zustande kommt. Eine abgestimmte Verhaltensweise stellt eine Form der Koordinierung zwischen Unternehmen dar, die bewusst eine praktische Zusammenarbeit an die Stelle des mit Risiken verbundenen Wettbewerbs treten lässt.

Vorsicht ist jedoch zu walten in Abgrenzung zu marktüblichen Reaktion auf das Verhalten von Konkurrenten. Die Grenze zu abgestimmten Verhaltensweisen ist jedenfalls dann überschritten, wenn das Marktverhalten von Unternehmen auf Grundlage von einseitigen oder mehrseitigen Informationen koordiniert wird. So kann ein Verstoß auch im Austausch von Marktinformationen liegen, wenn der Grad der Ungewissheit über das Marktgeschehen verringert wird oder beseitigt und dadurch zu einer Beschränkung des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen führen kann oder eine solche bezweckt.

Ausnahmen

Der Absatz drei des Kartellverbotes aus Art. 101 AEUV bestimmt, dass das Verbot für nicht anwendbar erklärt werden kann, wenn eine Vereinbahrung, ein Beschluss oder eine abgestimmte Verhaltensweise bestimmte materielle Voraussetzungen erfüllt. Dabei ist keine Kommissionsentscheidung nötig. Vielmehr ist eine Vereinbahrung automatisch freigestellt, wenn sie die Ausnahmetatbestandsmerkmale erfüllt. Hierdurch wurde ein System von Legalausnahmen aufgestellt, wodurch die Kommission nicht mehr über ein Freistellungsmonopol verfügt. Allerdings bleibt die Kommission neben den nationalen Wettbewerbsbehörden und im Falle eines Streits neben den nationalen Gerichten zur Anwendung des Kartellverbotes ebenso befugt wie im Einzelfall zu einem Entzug des Rechtsvorteils. Den beteiligten Unternehmen alleine verbleibt also das Beurteilungsrisiko, ob eine bestimmte Vereinbarung die ungenauen Ausnahmevoraussetzungen erfüllt, denn ein Anspruch auf eine Positiventscheidung der Kommission besteht nicht. Die Unternehmen können jedoch als Orientierung die Leitlinien der Kommission zur Anwendung des Kartellverbotes zu Rate ziehen. Die Ausnahmevoraussetzungen sind erfüllt, wenn die Koordinierung unter angemessener Beteiligung der Verbraucher am entstehenden Gewinn zu einer Verbesserung der Warenerzeugung oder Warenverteilung oder zur Förderung des technischen oder des wirtschaftlichen Fortschritts beiträgt. Es soll keine Möglichkeit zur Ausschaltung des Wettbewerbs für einen wesentlichen Teil der Waren gegeben werden. Des Weiteren dürfen den beteiligten Unternehmen nur solche Beschränkungen auferlegt werden, die für die Verwirklichung der Ziele des Kartellverbotes, wie beispielsweise die Sicherung des Binnenmarktes, unerlässlich sind.

Die Rechtfertigung der Ausnahmen wird unter anderem darin gesehen, dass bestimmte Koordinierungen zwischen Unternehmen, seien sie auch wettbewerbsbeschränkend im Sinne des Kartellverbotes, Ziele verfolgen, die eine Ausnahme vom grundsätzlichen Verbot rechtfertigen. Dazu zählen nicht nur ökonomische Ziele, sondern auch außerökonomische Ziele, sofern es sich bei diesen um Ziele der Europäischen Union handelt. Ein Beispiel dafür ist das Erfordernis des Umweltschutzes, welches die Kommission berücksichtigt und deshalb solche wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen vom Kartellverbot freistellt, wenn diese positive ökologische Effekte, wie etwa die Vermeidung des Ausstoßes von Kohlendioxid aufweisen.

Ein besonderes Augenmerk bei den Ausnahmetatbeständen des Kartellverbotes ist dabei auf die sogenannte Gruppenfreistellungsverordnung, wodurch bestimmte Gruppen von Verträgen, beispielsweise Lizenzverträge, automatisch freigestellt werden. Wohingegen die alten Gruppenfreistellungsverordnungen sehr detaillierte Regelungen enthielten, wird in den neueren Gruppenfreistellungsverordnungen stärker von abstrakt- generellen Regelungen Gebrauch gemacht.

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