Welche Wirtschafts- und Währungspolitik verfolgt die Europäische Union?


Der Vertrag der Europäischen Union schreibt vor, dass die Europäische Union eine Wirtschaftsunion und Währungsunion errichtet, in der der Euro offizielles Zahlungsmittel ist. Die Wirtschaftspolitik die dabei verfolgt wird, ist dem Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb verpflichtet und beruht auf der engen Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und dem Binnenmarkt. Die Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten wird dabei dergestalt ausrichtet, dass sie im Rahmen der vom Rat beschlossenen Grundzüge der Wirtschaftspolitik zur Verwirklichung der Ziele der Europäischen Union beitragen. Auf der Grundlage der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 13. und 14. März 2008 hat der Rat am 14. Mai 2008 die Empfehlung zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft für den Zeitraum 2008 bis 2010 verabschiedet.

Die Kommission wurde insbesondere durch den Vertrag von Lissabon in ihrer Position gestärkt, indem ihr ein Frühwarnrecht eingeräumt wurde. Sie kann eine Verwarnung an einen Mitgliedstaat richten, dessen Wirtschaftspolitik das Funktionieren der Wirtschaftsunion und Währungsunion beeinträchtigen oder die nicht mit den vorher festgelegten Grundzügen vereinbar ist. Empfehlungen an die betreffenden Mitgliedstaaten sind dann jedoch vom Rat auszusprechen, der auf Empfehlung der Kommission handelt. Bei Bestehen oder Drohen eines übermäßigen Defizits kann die Kommission einem Mitgliedstaat zudem eine Stellungnahme vorlegen, worüber sie den Rat unterrichtet.

Die Währung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist der Euro. Am ersten Tag der dritten Stufe der Wirtschaftsunion und Währungsunion, dem 1. Januar 1999, hatte der Rat durch eine Verordnung auf Grundlage eines einstimmigen Beschlusses der Mitgliedstaaten die unwiderrufliche Umrechnungskurse ihrer Währung sowie die unwiderruflichen festen Kurse, zu denen diese Währung durch den Euro ersetzt werden konnte festgelegt. Nach Eintritt in die dritte Stufe der Wirtschaftsunion und Währungsunion ist die Einhaltung der Konvergenzkriterien nach dem Maastrichter Vertrag eine Rechtspflicht der Mitgliedstaaten geworden. Insbesondere gilt dies für die Vermeidung übermäßig hoher öffentlicher Defizite.

Am 17. Juni 1997 hat daher der Europäische Rat auf seinem Gipfel in Amsterdam einen Stabilitätspakt und Wachstumspakt geschlossen. Dessen Bedeutung wird durch die Erklärung der Schlussakte des Vertrags von Lissabon zum Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union hervorgehoben. Ziel des Paktes ist eine gesunde öffentliche Finanzlage in den Mitgliedstaaten, Preisstabilität und ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum. Der Stabilitätspakt und Wachstumspakt besteht dabei aus drei Rechtsakten. Zunächst aus der Entschließung des Europäischen Rates über den Stabilitätspakt und Wachstumspakt vom 17. Juni 1997. Weiter aus einer Verordnung des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschafspolitiken. Drittens aus einer weiteren Verordnung des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit.

Die Mitgliedstaaten, die den Euro einführten, werden durch den Stabilitätspakt und Wachstumspakt verpflichtet sogenannte Stabilitätsprogramme vorzulegen, mit denen die dauerhafte Einhaltung der Konvergenzkriterien sichergestellt werden sollen. Da auch diejenigen Mitgliedstaaten, welche die einheitliche Währung zunächst nicht einführen, weiterhin zu einer Politik verpflichtet sind, die auf einen hohen Grad an dauerhafter Konvergenz abzielt, müssen sie sogenannte Konvergenzprogramme vorlegen, wobei für Großbritannien und Dänemark Sonderregelungen bestehen. Der Rat überwacht dabei die Umsetzung der Stabilitätsprogramme sowie der Konvergenzprogramme.

Es bestehen jedoch bereits Aufweichungen zum Stabilitätspakt und Wachstumspakt die im Juni 2005 festgelegt wurden. Bei Vorliegen beispielsweise von Sonderbelastungen, kann ein Verfehlen des Defizitkriteriums durch einen Mitgliedstaat unter bestimmten Voraussetzungen hingenommen werden. Wenn Mitgliedstaaten aufgrund der derzeitigen Finanzkrise und der gleichzeitig auftretenden Rezession Konjunkturprogramme beschließen und deshalb die Konvergenzkriterien nicht erfüllen, sieht die Europäische Kommission eine solche Sonderbelastung als gegeben an. Abhilfe ist dann in Zeiten wirtschaftlicher Erholung zu schaffen. Es besteht allerdings keine Möglichkeit aus dem Recht der Europäischen Union gegen Eurostaaten vorzugehen, welche gegen die Konvergenzkriterien massiv und dauerhaft verstoßen.

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