Die Handels- und Außenhandelspolitik der Europäischen Union


Seit dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union wird der Bereich der gemeinsamen Handelspolitik systematisch in das Kapitel über das auswärtige Handeln der Europäischen Union eingeordnet. Im Vertrag über die Europäische Gemeinschaft war dieser Bereich noch isoliert geregelt worden. Im Kapitel über das auswärtige Handeln der Europäischen Union ist das gesamte auswärtige Handeln der Europäischen Union geregelt. Ausnahmen bestehen lediglich für die Gemeinsame Außenpolitik und Sicherheitspolitik sowie der gemeinsamen Verteidigungspolitik und für bestimmte Bereiche, die die Nachbarschaftspolitik betreffen. Die gemeinsame Handelspolitik wird nach einheitlichen Grundsätzen gestaltet, und zwar im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Europäischen Union. Es soll durch die Schaffung einer Zollunion nämlich nicht zur einer Abschottung des Binnenmarktes nach außen führen.

Die gemeinsame Handelspolitik der Europäischen Union wird von dem Grundsatz geleitet, einen vernünftigen Ausgleich zwischen den handelspolitischen Interessen und Zielen der Europäischen Union und den Interessen des Welthandels zu schaffen. Dabei bekennt sich die Europäische Union auch prinzipiell zu einer liberalen Außenhandelspolitik. Durch den Vertrag von Lissabon wurde das Ziel der Beseitigung von nichttarifären Schranken des internationalen Handelsverkehrs sowie bei den ausländischen Direktinvestitionen in den Zielkatalog im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union eingeführt. In Zukunft kann durch Verordnungen, die im ordentlichen Gesetzgebungsverfahren erlassen werden, der Rahmen für die Umsetzung der Gemeinsamen Handelspolitik festgelegt werden.

Die wichtigste Kompetenznorm im Bereich der Handelspolitik ermöglicht es der Europäischen Union zunächst Handelsabkommen mit Drittstaaten und anderen internationalen Organisationen abzuschließen. Dabei handelt es sich um eine ausschließliche Kompetenz der Europäischen Union. Die Mitgliedstaaten sind also nicht dazu befugt, in den einschlägigen Politikbereichen eigene Handelsabkommen abzuschließen. Von dieser Vertragsschlusskompetenz sind alle Maßnahmen umfasst, die den Handelsverkehr, damit ist der Warenaustausch gemeint, mit Drittstaaten regeln, sowie alle Maßnahmen, deren Hauptzweck in der Beeinflussung der Handelsströme oder des Handelsvolumens liegt.

Die Gemeinsame Handelspolitik umfasst insbesondere die Änderung von Zollsätzen, den Abschluss von Zollabkommen und Handelsabkommen, die den Handel mit Waren und Dienstleistungen betreffen, die Handelsaspekte des geistigen Eigentums, die ausländischen Direktinvestitionen, die Vereinheitlichung der Liberalisierungsmaßnahmen, die Ausfuhrpolitik sowie handelspolitische Schutzmaßnahmen, zum Beispiel im Fall von Dumping und Subventionen. Die gemeinsame Handelspolitik wird im Rahmen der Grundsätze und Ziele des auswärtigen Handelns der Europäischen Union gestaltet. Diese Aufzählung ist allerdings nicht abschließend. Die Europäische Union ist also nicht auf die genannten Instrumente der Handelspolitik beschränkt.

Der Gerichtshof der Europäischen Union bejaht eine dynamische Auslegung der Außenhandelskompetenz der Europäischen Union und begründet dies zum einen mit der stetigen Weiterentwicklung des Welthandels. Zum anderen würde eine von den Mitgliedstaaten der Europäischen Union in aus dem Anwendungsbereich der Kompetenz der Europäischen Union fallenden Gebieten jeweils betriebene eigenständige Handelspolitik zu unterschiedlichen Standards führen und damit auch Störungen des Handels innerhalb der Europäischen Union heraufbeschwören. Betrifft ein Abkommen mit Drittstaaten gleichwohl Gegenstände, die nicht vollständig in den handelspolitischen Kompetenzbereich der Europäischen Union fallen, sondern auch in den Kompetenzbereich der Mitgliedstaaten, werden gemischte Abkommen unter Beteiligung sowohl der Europäischen Union als auch der Mitgliedstaaten abgeschlossen. Der Handel mit Dienstleistungen fällt allerdings grundsätzlich mit in die Kompetenzen der Europäischen Union. Des Weiteren ist mit der Ausweitung der explizit festgelegten ausschließlichen Zuständigkeit der Europäischen Union auf den Handel mit Dienstleistungen, auf Handelsaspekte des geistigen Eigentums sowie auf ausländische Direktinvestitionen der Anwendungsbereich der sogenannten gemischten Abkommen erheblich kleiner geworden.

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