Ziele der Europäischen Wettbewerbspolitik


Eines der wichtigsten und auch ursprünglichsten Ziele der Europäischen Union besteht in der Errichtung eines Binnenmarktes. Die Verpflichtung dieses Ziels ist insbesondere der nachhaltigen Entwicklung Europas auf der Grundlage einer in hohem Maße wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft verpflichtet. Der Binnenmarkt soll dabei den Wettbewerb vor Verfälschung schützen. Weitere Ziele sind der soziale Fortschritt und die Verbesserung der Umweltqualität beziehungsweise der Umweltschutz. Diese Ziele stehen auf dem gleichen Rang wie der Wettbewerbsschutz und beeinflussen somit die Auslegung der Wettbewerbsregeln. Der Europäischen Union kommt aus sachlogischen Gründen die ausschließliche Zuständigkeit für die Festlegung der für das Funktionieren des Binnenmarktes erforderlichen Wettbewerbsregeln zu. Um nochmals zu betonen, dass Wettbewerbsverfälschungen die Güterströme in der Union verzerren und somit eines der Grundziele der Europäischen Union gefährden können, legt der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union die Mitgliedstaaten und die Europäische Union selbst auf den Grundsatz einer offenen Marktwirtschaft mit freiem Wettbewerb fest.

Wettbewerbsverfälschungen können einerseits durch das Verhalten der auf der Angebotsseite oder Nachfrageseite handelnde Unternehmen, andererseits durch marktwidrige Interventionen der Mitgliedstaaten und ihrer Untergliederungen in die Marktabläufe verursacht werden. Um ersteres einzudämmen reichen die unternehmensgerichteten Vorschriften vom Kartellverbot über das Verbot des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung bis hin zu Fusionskontrollen. Die staatsgerichteten Wettbewerbsvorschriften zur Eindämmung von marktwidrige Interventionen der Mitgliedstaaten und ihrer Untergliederungen in die Marktabläufe bestehen vornehmend aus dem Vergaberecht und der Kontrolle staatlicher Beihilfen.

Wettbewerb

Eine direkte Definition des Begriffes Wettbewerb existiert nicht im Unionsrecht. Allerdings gelingt eine Annäherung über die Funktionen und die Zwecke von Wettbewerb im Lichte der im Unionsprimärrecht verankerten Ziele und Werte. Um der Forderung nach einem unverfälschten Wettbewerb nachzukommen haben Rechtsprechung und Kommission das Modell des wirksamen Wettbewerbs eingeführt. Das bedeutet, dass insbesondere auf die Verwirklichung eines einheitlichen Binnenmarktes abgezielt wird, der den Marktteilnehmern das größtmögliche Maß an wirtschaftlicher Handlungsfreiheit ermöglicht. Der Binnenmarkt umfasst dabei den durch das Recht der Europäischen Union gestalteten Raum, in dem sich Wirtschaftsteilnehmer durch Angebot und Nachfrage ohne das Hindernis von Binnengrenzen auf unzähligen relevanten Märkten wettbewerblich betätigen können. Den Marktteilnehmern soll möglichst großer Freiraum von staatlicher als auch von privater Seite eingeräumt werden. Sie sollen ihre Entscheidungen und Ergebnisse so unabhängig wie möglich erzielen können. Die Anwendung der Wettbewerbsregeln ist allerdings oftmals aufgrund der weiten Normerfassung einzelfallabhängig. Das möglicherweise wettbewerbsschädigende Verhalten muss dann intensiv analysiert werden. Kommt es zu unternehmerischem wettbewerbsschädigendem Verhalten muss bei der Untersuchung der Tätigkeit auf einen Verstoß gegen diese Vorschriften die Auswirkung auf unbeteiligte Dritte einerseits und andererseits auf die Beteiligten selbst geprüft werden. Dabei sollte die Erzielung eines bestmöglichen Verbrauchernutzens angestrebt werden, womit letztendlich geprüft werden soll, ob es zu schädlichen Auswirkungen für den Endverbraucher gekommen ist, wie zum Beispiel überhöhte Preise, ein qualitativ oder quantitativ nicht zufriedenstellendes Angebot, oder eine ineffektive Produktion die langfristig zu Nachteilen für den Verbraucher führt.

Es reicht dabei allerdings nicht aus, nur kurzfristige Auswirkungen zu betrachten, sondern es müssen auch die langfristigen Effekte untersucht werden. Die Wettbewerbsregeln sollen damit nicht nur dem einzelnen Verbraucher und dessen Interesse dienen, sondern auch dem Schutz der Struktur des Marktes und damit dem Wettbewerb als solchem. Basis der Wettbewerbsregeln ist der Grundsatz, dass jedes im Wettbewerb stehende Unternehmen sein Verhalten eigenständig bestimmt, wodurch jede Einschränkung dieser Handlungsfreiheit, zum Beispiel durch Preisabsprachen, grundsätzlich zu einem Verstoß gegen diese Verbote führt.

Weitere Konturen bekommt der Begriff des Wettbewerbes im Sinne der unionsrechtlichen Regelungen wenn ein Blick auf den sogenannten, nur in der Theorie bestehenden, perfekten Wettbewerb geworfen wird. Es wird deutlich, dass die Vorteile des Wettbewerbs in niedrigen Preisen, qualitativ und quantitativ der Nachfrage entsprechend optimalen Produkten und ausreichender Auswahl liegen. Durch diese Vorgehensweise können weitere Abgrenzungen und Verstöße ersichtlich werden.

Ob und wann schließlich ein Verstoß vorliegt wird heute anhand der ökonomischen Auswirkungen beurteilt und nicht wie früher danach, ob gegen festgelegte Verbote verstoßen wurde.

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