Welche Struktur- und Regionalpolitik verfolgt die Europäische Union?


Bestimmungen für eine gemeinsame Strukturpolitik und Regionalpolitik sind im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union enthalten. Die Europäische Union hat dabei zum Ziel eine Politik zur Stärkung ihres wirtschaftlichen Zusammenhalts, ihres sozialen Zusammenhalts und ihres territorialen Zusammenhalts zu verfolgen. Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union wendet sich mit in dieser allgemeinen Festlegung der strukturpolitischen Aufgaben sowohl an die Organe der Europäischen Union als auch an die Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Den Ausgleich von regionalen Unterschieden durch Förderung von Investitionen und Infrastrukturvorhaben zu erreichen stellt dabei das erklärte Ziel der Europäischen Union dar.

Trotz der Tatsache, dass der politische Gestaltungsspielraum der Mitgliedstaaten im Kern grundsätzlich unberührt bleibt, koordinieren die Mitgliedstaaten ihre Wirtschaftspolitik. Sie sind lediglich verpflichtet bei der Ausübung ihres Ermessens die Ziele der Kohäsionspolitik in ihre Erwägungen einzubeziehen. Durch den Vertrag von Lissabon ist es zu einer ausdrücklichen Erweiterung auf den territorialen Zusammenhalt schon in der Überschrift des Titel XVIII des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und in den entsprechenden maßgeblichen, im Vertrag über die Europäische Gemeinschaft noch auf den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt beschränkten Regelungen sowie zu einer Konkretisierung der sogenannten benachteiligten Gebiete nach der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union gekommen.

Die ausdrückliche Aufnahme des territorialen Zusammenhalts ist als Folge einer erst in den letzten Jahren verstärkt in das Zentrum verfassungspolitischer Aufmerksamkeit gerückten normativen Kontur des territorialen Zusammenhalts als Ziel der Europäischen Union zu verstehen. Die territoriale Dimension ergab sich bereits ohne ausdrücklich genannt zu werden aus dem Vertrag über die Europäische Gemeinschaft beziehungsweise heute aus dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union. Es ist dabei unter der territorialen Kohäsion die ausgewogene räumliche Verteilung von menschlichen Tätigkeiten zu verstehen. Die Europäische Union besitzt Finanzierungsinstrumente, den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und den Kohäsionsfonds, um ihre Strukturpolitik verfolgen zu können. Es gibt aber auch andere Fonds und Finanzinstrumente aus anderen Politikbereichen, die strukturpolitische Ziele verfolgen. Dazu gehört beispielsweise der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung ländlichen Raums, der Europäische Fischereifonds und das Europäische Sozialfonds. Diese Finanzinstrumente ermöglichen es der Europäischen Union Maßnahmen der Mitgliedstaaten zu ergänzen und zu unterstützen.

Um es der Union zu ermöglichen, bei Katastrophen größeren Ausmaßes, die eine Region schwer und dauerhaft betreffen, rasch und schnell Hilfe zu leisten, ist auf der Grundlage des Vertrages über die Europäische Gemeinschaft beziehungsweise des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union durch eine Verordnung am 11. November 2002 der Sozialfonds der Europäischen Union gegründet worden. Die Fonds verfügen über keine eigenen Rechtspersönlichkeit. Sie sind unselbstständige Einrichtungen und werden von der Kommission verwaltet. Die Europäische Investitionsbank beteiligt sich auch neben den Fonds an der Strukturpolitik und Regionalpolitik der Europäischen Union. Sie erleichtert durch Darlehen und Bürgschaften die Finanzierung von Vorhaben zur Erschließung strukturell benachteiligter Regionen.

Das Parlament der Europäischen Union und der Rat legen nach Anhörung des Wirtschafs- und Sozialausschusses und des Ausschusses der Regionen durch eine Verordnung gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren die Aufgaben, die vorrangigen Ziele und die Organisation der Strukturfonds fest und regeln die Koordinierung der Fonds untereinander. Für den Förderzeitraum 2007 bis 2013 stehen dem Strukturfonds der Europäischen Union Mittel in Höhe von ca. 308 Milliarden Euro zur Verfügung. Konvergenz, regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung sowie europäische und territoriale Zusammenarbeit werden damit als Ziele verfolgt. Konvergenz meint dabei die Beschleunigung der Angleichung der Mitgliedstaaten und Regionen mit dem größten Entwicklungsrückstand durch Verbesserung der Voraussetzungen für Wachstum und Beschäftigung. Dafür stehen ca. 251 Milliarden, also etwa 81,5 Prozent der Strukturfördermittel zu Verfügung.

Regionale Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung meint die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität der Regionen mit dem größten Entwicklungsrückstand. Damit dieses Ziel erreicht werden kann, stehen ca. 15, 9 Prozent der Strukturfondsmittel zur Verfügung, also etwa 49, 1 Milliarden Euro. Das Ziel der Europäischen territorialen Zusammenarbeit umfasst die Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit durch gemeinsame lokale und regionale Initiativen, die Stärkung der transnationalen Zusammenarbeit in Gestalt von Aktionen zur integrierten Raumentwicklung sowie den Ausbau der interregionalen Zusammenarbeit durch Erfahrungsaustausch. Dazu stehen insgesamt ca. 2,5 Prozent der Strukturfördermittel, also etwa 1,8 Milliarden Euro zur Verfügung.

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