Die Europäische Staatsanwaltschaft


Der Vertrag von Lissabon hat viele Neuerungen gebracht. Eine von ihnen ist, wie bereits seit einiger Zeit von der Kommission erwogen wurde, die Einrichtung einer Europäischen Staatsanwaltschaft zur Bekämpfung von Straftaten zum Nachteil des finanziellen Interesses der Europäischen Union. Der Rat kann gemäß einem besonderen Gesetzgebungsverfahren durch Verordnungen ausgehend von der Europäischen Stelle für justizielle Zusammenarbeit die Europäische Staatsanwaltschaft einsetzen. Der Rat beschließt dies einstimmig nach Zustimmung des Parlaments der Europäischen Union. Falls allerdings keine Einstimmigkeit besteht, kann eine Gruppe von mindestens neun Mitgliedstaaten beantragen, dass der Europäische Rat mit dem Entwurf einer Verordnung befasst wird. In diesem Fall wird das Verfahren im Rat ausgesetzt. Nach einer Aussprache verweist der Europäische Rat im Falle eines Einvernehmens den Entwurf binnen vier Monaten nach Aussetzung des Verfahrens an den Rat zur Annahme zurück. Für den Fall, dass auch kein Einvernehmen erzielt wird, mindestens neun Mitgliedstaaten aber eine verstärkte Zusammenarbeit auf der Grundlage des betreffenden Entwurfs einer Verordnung begründen möchten, teilen diese Mitgliedstaaten dies binnen derselben Frist dem Parlament der Europäischen Union, dem Rat und der Kommission mit. In diesem Fall gilt die Ermächtigung zu einer verstärkten Zusammenarbeit als erteilt. Die Bestimmungen über die verstärkte Zusammenarbeit finden dann Anwendung.

Die Europäische Staatsanwaltschaft ist, gegebenenfalls in Verbindung mit dem Europäischen Polizeiamt, zuständig für die strafrechtliche Untersuchung und Verfolgung sowie die Anklageerhebung in Bezug auf Personen, die als Täter oder Teilnehmer Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union begangen haben. Die Europäische Staatsanwaltschaft muss dann bei diesen Straftaten vor den zuständigen Gerichten der Mitgliedstaaten die Aufgaben der Staatsanwaltschaft wahrnehmen. Die Verordnung, durch welche die Europäische Staatsanwaltschaft geschaffen wurde, legt auch die Satzung der Europäischen Staatsanwaltschaft, die Einzelheiten für die Erfüllung ihrer Aufgaben, die für ihre Tätigkeit geltenden Verfahrensvorschriften sowie die Regeln für die Zulässigkeit von Beweismitteln und für die gerichtliche Kontrolle fest. Der Europäische Rat kann zudem gleichzeitig mit der Annahme der Verordnung oder im Anschluss daran einen Beschluss mit dem Ziel fassen, die Befugnisse der Europäischen Staatsanwaltschaft auf die Bekämpfung der schweren Kriminalität mit grenzüberschreitender Dimension auszudehnen und hinsichtlich Personen, die als Täter oder Teilnehmer schwere, mehr als einen Mitgliedstaat betreffende Straftaten begangen haben, zu erweitern. Der Europäische Rat beschließt dies einstimmig nach Zustimmung des Parlaments der Europäischen Union und nach Anhörung der Kommission.

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