Die Unterschiede zwischen Monismus und Dualismus


Monismus und Dualismus stellen im Völkerrecht zwei Hauptrichtungen dar. Es wird dabei entweder von der Einheit von nationalem und internationalem Recht oder von deren Getrenntheit ausgegangen. Der Monismus betont den Gedanken der Einheit der Rechtsordnung und versucht, sämtliche Rechtsquellen in ein logisch strukturiertes System zu bringen, das von einer Grundnorm aus allen übrigen Rechtsakten einen hierarchisch abgestuften Platz zuweist. Dagegen stützt sich die dualistische Sicht darauf, dass es unterschiedliche politische Einheiten gibt, die jeweils für sich genommen eine eigenständige Ordnung entwerfen, in der Normen und Rechtsakte aus einer anderen Rechtsordnung nur kraft Zulassung wirken können. Im Ergebnis ist eine monistische Struktur, welche dem Völkerrecht den Primat, also den Vorrang zuweist, von besonderem Vertrauen in die Gerechtigkeit des Völkerrechts geprägt, wohingegen das dualistische Denken, jedenfalls im Hinblick auf Extremfälle, die Notwendigkeit eines Schutzes auch gegenüber dem Völkerrecht als sinnvoll ansieht und auch deshalb betont.

Da die Gründungsverträge der Europäischen Union beziehungsweise damals der Europäischen Gemeinschaft über das Verhältnis der allgemeinen Regeln des Völkerrechts zum Gemeinschaftsrecht gar keine geschriebenen Aussagen enthalten, erscheint eine Deutung zweifelhaft, die sich lediglich auf die erst in der Praxis mit Hilfe theoretischer Denkbilder entwickelten Ansätze stützt. Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union deuten allerdings sehr deutlich auf eine monistische Struktur hin. Eine bessere Grundlage bietet die im Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union definierte Rechtsstellung der von der Gemeinschaft abgeschlossenen Drittlandsverträge innerhalb der Gemeinschaftsrechtsordnung. In einem strengen Modell des Monismus mit Vorrang des Völkerrechts müssten die Verträge mit Drittstaaten nicht nur per Gesetz integrierender Bestandteil des Gemeinschaftsrechts sein, sondern im Konfliktsfalle auch dem konstitutiven europäischen Primärrecht und auch dem abgeleiteten Sekundärrecht vorgehen. Die Drittlandsverträge werden, wie dargelegt, ohne einen Transformationsakt allein aufgrund ihres völkerrechtlichen Abschlusses Teil vom Gerichtshof der Europäischen Union zu wahrenden Rechts. Im übrigen gehen sie dem sekundären Gemeinschaftsrecht vor. Aber nicht anders als ein Staat macht die Gemeinschaft den Abschluss eines völkerrechtlichen Übereinkommens von dessen positiver Übereinstimmung mit der Gemeinschaftsverfassung, also den Gründungsverträgen, abhängig. Selbst wenn ein Vertrag auf der völkerrechtlichen Ebene bereits wirksam abgeschlossen worden ist, kann er später noch auf seine gemeinschaftsrechtliche Gültigkeit überprüft werden. Die Gemeinschaft geht also von dem Vorrang ihrer eigenen konstitutiven Rechtsakte aus, die sich die völkerrechtlichen Übereinkommen unterzuordnen haben. Hieraus ergeben sich allerdings auch Aspekte, die auf eine dualistische Ordnung hinweisen. Schließlich kommt man auch im Hinblick auf Sekundärakte internationaler Organisationen, an denen die Gemeinschaft beteiligt ist, nicht ohne ein Trennungsdenken aus.

Die Betrachtung der Beziehungen zwischen dem Recht der Europäischen Union und den Drittlandsabkommen der Europäischen Union zeigt im übrigen, dass es gute Gründe gibt, einen generellen Vorrang solcher Abkommen auch gegenüber den Gründungsverträgen abzulehnen. Es geht hier nicht um einen Konflikt von Recht unterschiedlicher Kategorien, eine Sichtweise, die das traditionelle Vorstellungsbild eines Spannungsverhältnisses zwischen staatlichem Recht und Völkerrecht beherrscht. Vielmehr stehen unterschiedlich strukturierte Rechtssätze des Völkerrechts gegeneinander. Demgemäß lässt sich die Entscheidung für den Vorrang der einen oder anderen Normgruppe nicht nach formellen Kriterien treffen, sondern es müssen eher wertende Gesichtspunkte mit einfließen. Die Grundlagen der Europäische Union würden nämlich zerstört werden, wenn nach dem lex-posterior-Grundsatz, nach dem ein späteres Gesetz beziehungsweise Rechtsakt gegenüber einem früheren Vorrang genießt, jedes spätere Übereinkommen ihre vertraglich begründeten Verfassungsfundamente modifizieren könnte. Die Gründungsverträge besitzen eine unaufgebbare Ordnungsfunktion. Auf diese Ordnungsfunktion darf nicht zugunsten tagespolitischer Aktualität in Vertragsform verzichtet werden.

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