MT Das Erfordernis der Unterscheidbarkeit als absolutes Schutzhindernis im Sinne des Markengesetzes


Einleitung

Die Regelungen des Markengesetzes setzen der Eintragungsfähigkeit von Zeichen als Marken im öffentlichen Interesse klare Grenzen. Im Markengesetz finden sich daher diesbezüglich so genannte Ablehnungsgründe. Diese stehen dem Erwerb eines formellen Markenrechts entgegen. Die Prüfung hinsichtlich des Vorliegens dieser Ablehnungsgründe erfolgt vom Amts wegen im Laufe des Eintragungsverfahrens. Insoweit werden diese Ablehnungsgründe auch als absolute Schutzhindernisse bezeichnet. Auf diese Weise wird eine Abgrenzung von den relativen Schutzhindernissen möglich, deren Wirkung sich auf die Begründung von Löschungsansprüchen eines Dritten gegen den Inhaber des Markenrechts beschränkt. Besondere Relevanz kommt der Unterscheidung von relativen und absoluten Eintragungshindernissen zum Beispiel im Zusammenhang mit der Löschung von Zeichen sowie der Frage der Bindung der Gerichte an die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts zu.

Das Erfordernis der Unterscheidbarkeit

Neben anderen absoluten Schutzhindernissen enthalten die Regelungen des Markengesetzes ein Schutzhindernis für solche Marken, denen hinsichtlich der Waren beziehungsweise Dienstleistungen, die zu kennzeichnen sie bestimmt sind, jegliche Unterscheidungskraft fehlt. In der Unterscheidungskraft der Marke ist ein elementares Merkmal des Markenschutzes zu sehen. Die Unterscheidungskraft stellt nämlich eine unerlässliche Voraussetzung dafür dar, dass das Zeichen seine Funktion als Mittel der Indentifizierung überhaupt erfüllen kann. Die zentrale Bedeutung der Unterscheidungskraft der Marke ergibt sich bereits aus dem Markengesetz selbst. Nach dessen Vorschriften nämlich werden solche Zeichen als markenfähig angesehen, die geeignet sind, Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens von denjenigen Waren beziehungsweise Dienstleistungen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang eine abstrakte Eignung zur Unterscheidung. Demnach ist es allein entscheidend, ob das Zeichen überhaupt dazu geeignet ist, als Kennzeichen von Waren beziehungsweise Dienstleistungen zu dienen.

Das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft hingegen stellt auf die konkrete Unterscheidungskraft des in Frage stehenden Zeichens ab. Demnach hat eine dahingehende Prüfung zu erfolgen, ob das Zeichen hinsichtlich der Waren beziehungsweise Dienstleistungen, für die es als Marke angemeldet ist, unterscheidungskräftig ist. In der Praxis ist es allerdings so, dass die konkrete Unterscheidungskraft eines Zeichens in aller Regel gegeben ist und lediglich in seltenen Ausnahmefällen vermisst wird. Aus dem Wortlaut der entsprechenden Regelung im Markengesetz wird nämlich unzweifelhaft deutlich, dass bereits eine sehr geringe Unterscheidungskraft als ausreichend erachtet werden soll. Eine Unterscheidungskraft in der verlangten Größenordnung wohnt jedoch fast jedem Zeichen von Beginn an inne. Der Europäische Gerichtshof hat in diesem Zusammenhang entschieden, dass zur Überwindung des Schutzhindernisses bei Wortmarken jede merklich erkennbare Abweichung von der Ausdrucksweise, die im üblichen Sprachgebrauch der betroffenen Verkehrskreise für die Bezeichnung der Ware oder Dienstleistung und ihrer wesentlichen Merkmale verwendet wird, wenn sie nicht ausschließlich in einem beschreibenden Sinne verständlich ist.

Bei dreidimensionalen Marken erachtet der Europäische Gerichtshof jede merklich erkennbare Abweichung von den üblichen Waren als ausreichend. Die Beurteilung der Unterscheidungskraft hat anhand von zwei Gesichtspunkten zu erfolgen. Zum einen richtet sich die Beurteilung nach den Waren und Dienstleistungen, für die die Ware angemeldet wurde. Zum anderen ist bei der Beurteilung auch die Anschauung des maßgeblichen Publikums zu beachten. Zugrundezulegen ist im Rahmen dieser Beurteilung der normal informierte und in einem angemessenen Maße aufmerksame und verständige Durchschnittsverbraucher der betreffenden Waren und Dienstleistungen. Handelt es sich um fremdsprachige Bezeichnungen, so ist entscheidend, ob sie in der Originalsprache als normale Ausdrucksweise aufgefasst werden, die auch dem üblichen Sprachgebrauch entspricht. Die Kriterien, die für die Beurteilung der Unterscheidungskraft der Marke ausschlaggebend sind, sind für alle Kategorien von Marken gleichartig. Hinsichtlich bestimmter Markenkategorien kann es sich zwar durchaus als schwierig erweisen, einen Nachweis bezüglich der Unterscheidungskraft der jeweiligen Marke zu führen. Allein aus diesen etwaig auftretenden Schwierigkeiten der Feststellung der Unterscheidungskraft einer Marke folgt jedoch noch keine Rechtfertigung dahingehend, dass besondere Kriterien aufzustellen sind, die das Kriterium der Unterschedungskraft ersetzen beziehungsweise von ihm abweichen.

Rechtsprechungsbeispiele für eine fehlende Unterscheidungskraft

Nach dem sogenannten „Turbo-Urteil“ des Bundesgerichtshofes fehlt es dem Begriff „Turbo“ an jeglicher Unterscheidungskraft. Bei diesem Begriff handele es sich nämlich um einen solchen, der sich in der Umgangssprache über seine ursprüngliche Bedeutung hinaus zu einem Modewort für eine bestimmte Eigenschaft entwickelt hat. Nach der „Hautactiv-Entscheidung“ des Bundespatentgerichts gelte gleiches auch für den Ausdruck „Hautaktiv“. Besagter Ausdruck wurde für Mittel zur Körper- und Schönheitspflege verwandt. Nach Ansicht des Bundespatentgerichts jedoch weise der Begriff deshalb keine Unterscheidungskraft auf, weil er lediglich aus den Begriffen „Haut“ und „aktiv“ zusammengesetzt sei und sich darüberhinaus die jeweiligen Begriffsinhalte an die in der Branche übliche Werbepraxis anlehnten. In einer anderen Entscheidung allerdings hat der Bundesgerichtshof einen Begriff, der sich aus zwei Abkürzungen zusammensetzte - namentlich der Begriff „Protech“ - als unterscheidungskräftig anerkannt.

Rechtsprechungsbeispiele für gegebene Unterscheidungskraft

Teilweise wurde von den Gerichten auch hinsichtlich von Wörtern, die dem allgemeinen Sprachgebrauch entnommen sind, die erforderliche Unterscheidungskraft anerkannt. Voraussetzung dafür soll allerdings sein, dass sich die Wörter nicht ausschließlich in der Beschreibung der Produkte erschöpfen. So hat der Bundesgerichtshof beispielsweise die Zeichen „YES“, „FOR YOU“ sowie „LOOK“ als unterscheidungskräftig angesehen. Begründet wurde dies damit, dass den Zeichen eine beschreibende Sachaussage für die betreffenden Waren nicht zu entnehmen sei. Dem Zeichen „marktfrisch“ hingegen hat der Bundesgerichtshof in einer weiteren Entscheidung die konkrete Unterscheidungskraft abgesprochen. Nach den Begründung des Gerichts handele es sich um eine beschreibende Sachaussage. Keine Unterscheidungskraft besitze zudem das Zeichen „Casino Bremen“ für die Dienstleistung des Betriebs eines öffentlichen Spielcasinos im Rahmen gesetzlich geregelter Konzessionen. Das Zeichen erschöpfe sich nämlich in der Benennung einer Spielstätte mit dem dazu üblichen Begriff „Casino in Bremen“.

Kriterien des Europäischen Gerichtshofes

Nach der Ansicht des Europäischen Gerichtshofes besitzen auch Werbeslogans wie „Radio von hier“ oder „Das Prinzip der Bequemlichkeit“ Unterscheidungskraft. Der Europäische Gerichtshof sieht dabei die Kürze der Zeichen, eine gewisse Originalität und Prägnanz einer Wortfolge sowie Mehrdeutigkeit und damit einhergehenden Bedarf an Interpretation als Indiz für die Unterscheidungskraft an. Jedenfalls ist eine einzelfallbezogene Prüfung der Unterscheidungskraft erforderlich. Diese hat sich an den jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen zu orientieren. So kann es vor kommen, dass einem Slogan für bestimmte Waren oder Dienstleistungen Unterscheidungskraft zugesprochen werden muss, für andere wiederum aberkannt werden muss.

Die Unterscheidungskraft von Bildmarken

Für sogenannte Bildmarken beanspruchen im Wesentlichen die gleichen Erwägungen Geltung. Für die Unterscheidungskraft von Bildmarken kommt es daher besonders darauf an, ob der Verkehr bei deren Wahrnehmung in unmittelbarem Zusammenhang mit den beanspruchten Waren beziehungsweise Dienstleistungen von einer Mehrdeutigkeit der Zeichen ausgeht. Im Umkehrschluss kann gesagt werden, dass einem Bildzeichen regelmäßig dann jegliche Unterscheidungskraft fehlt, wenn es lediglich den Gegenstand, auf den sich eine bestimmte Dienstleistung bezieht, für die Markenschutz beansprucht wird, fotografisch abbildet. Ein Eingreifen des Schutzhindernisses der fehlenden Unterscheidungskraft kann allerdings dann ausgeschlossen werden, wenn das Bildzeichen hinsichtlich der Dienstleistung, für die die Eintragung beabsichtigt ist, positive Assoziationen weckt, die nur eine vage Umschreibung der Art der Dienstleistung darstellen.

Überragendes Freihaltebedürfnis

Der Bundesgerichtshof hat zudem entschieden, dass das Zeichen „Fussball WM 2006“ keine Unterscheidungskraft besitzt. Ein markenrechtlicher Schutz bezüglicher dieser Bezeichnung sei damit ausgeschlossen. Hinsichtlich der Bezeichnung „Fussball WM 2006“ scheint es ohnehin äußerst bedenklich, dass es vom Deutschen Patent- und Markenamt zunächst überhaupt eingetragen wurde. Zwar hatte die FIFA für diverse Waren und Dienstleistungen entsprechenden Schutz begehrt. Jedoch war ein überragendes Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit eigentlich kaum zu übersehen. Insofern ist auch keine Rechtfertigung ersichtlich, die es gestatten könnte, solche zum Allgemeingut gehörenden Veranstaltungen durch die Praxis des Deutschen Patent- und Markenamtes zu monopolisieren. Zusätzlich würde durch den Schutz besagter Bezeichnung die Werbefreiheit in massivem Maße eingeschränkt.

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