MT Der Eingriff in das Markenrecht


Einleitung

Alle Kollisionstatbestände des Markengesetzes setzen bezüglich eines Eingriffs in das Markenrecht die Benutzung der Marke durch einen Dritten im geschäftlichen Verkehr voraus. Durch diese Regelung soll verdeutlicht werden, dass mit dem Markenrecht als Teil des Wettbewerbsrechts im weiteren Sinne eine Regulierung des wirtschaftlichen Wettbewerbs bewirkt werden soll.

Der Begriff des Handelns im geschäftlichen Verkehr

Unter einem Handeln im geschäftlichen Verkehr wird jede wirtschaftliche Tätigkeit verstanden, die dazu bestimmt ist, der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks beliebiger Art zu dienen. Der Begriff des geschäftlichen Verkehrs bedarf in diesem Zusammenhang einer weiten Auslegung. Von ihm wird im weitesten Sinne jede wirtschaftliche Betätigung erfasst, insbesondere auch die Erwerbstätigkeit der freien Berufe und die wirtschaftliche Tätigkeit der öffentlichen Hand. Nicht entscheidend ist das Vorliegen einer Absicht zur Erzielung von Gewinnen. Daher kann auch die erwerbswirtschaftliche Tätigkeit gemeinnütziger Unternehmen als Handeln im geschäftlichen Verkehr begriffen werden. Eine Abgrenzung des Handelns im geschäftlichen Verkehr hat von privaten und amtlichen Tätigkeiten zu erfolgen. Kein Handeln im wirtschaftlichen Verkehr stellt nach der „Lysol-Entscheidung“ des Reichsgerichts die Darstellung einer Marke in wissenschaftlichen Abhandlungen und Nachschlagewerken - zum Beispiel in Lexika - dar. Demzufolge ist in solchen Darstellungen auch keine Verletzung des Markenrechts zu sehen.

Nichtsdestotrotz wird eingetragenen Marken nach den Vorschriften des Markengesetzes ein erweiterter Schutz gewährt, wenn durch eine Wiedergabe der Marke in einem Wörterbuch, einem Lexikon oder einem ähnlichen Nachschlagewerk der Eindruck erweckt wird, dass es sich bei der genannten Marke um die Bezeichnung einer ganzen Gattung handele. Sollte dies der Fall sein, so kann der Inhaber des Markenrechts vom Verleger des Nachschlagewerkes verlangen, einen Hinweis darauf aufzunehmen, dass es sich bei dem Zeichen um eine eingetragene Marke handelt. Für den Fall, dass das Werk bereits ohne einen solchen Hinweis erschienen ist, beschränkt sich dieser Anspruch auf weitere Auflagen des Nachschlagewerkes. Entsprechende Anwendung findet diese Regelung auf Werke, die als elektronische Datenbank vertrieben werden oder die als Bestandteil einer solchen Datenbank zugänglich gemacht werden.

Die Verwendung des Zeichens als Marke

Bedingt durch den Zweck des Markenschutzes ist Voraussetzung für eine Markenrechtsverletzung neben der Benutzung im geschäftlichen Verkehr, dass das Schutz genießende Zeichen markenmäßig - also als Marke - verwendet wird. Das ausschließliche Recht, welches mit dem Markenschutz einhergeht, wird dem Markeninhaber nämlich verliehen, um den Schutz seiner spezifischen Interessen zu ermöglichen. Insofern soll sichergestellt werden, dass die geschützte Marke auch tatsächlich ihre Funktion erfüllen kann. Deswegen ist die Ausübung dieses ausschließlichen Rechts auf die Fälle zu begrenzen, in denen die Benutzung des Zeichens durch einen Dritten die Funktion der Marke, insbesondere ihre Hauptfunktion, also die Gewährleistung der Herkunft der Ware gegenüber den Verbrauchers, tatsächlich beeinträchtigt oder zumindest aber beeinträchtigen könnte. Daraus folgt im Übrigen auch, dass der Inhaber des Markenrechts nicht dazu berechtigt ist, die Benutzung seines Zeichens auch dann zu verbieten, wenn hinsichtlich seiner Interessen durch die Benutzung keinerlei Beeinträchtigung zu befürchten ist.

Jedoch kann immer dann von einer Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion der Marke ausgegangen werden, wenn durch die Benutzung des betreffenden Zeichens durch einen Dritten der Eindruck erweckt wird, es bestehe eine Verbindung im geschäftlichen Verkehr zwischen den in Frage stehenden Waren beziehungsweise Dienstleistungen und dem Inhaber der Marke. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes soll es hier erforderlich sein, dass zumindest eine gedankliche Verknüpfung mit der geschützten Marke hergestellt werden kann. Von einer Benutzung des betreffenden Zeichens als Marke und demnach auch einer Markenrechtsverletzung könne hingegen nicht ausgegangen werden, wenn das Zeichen allein eine Beschreibung bezweckt. Dies ist dann der Fall, wenn die Verwendung des Zeichens ausschließlich auf die Kennzeichnung der besonderen Eigenschaften der von einem Dritten angebotenen Waren beziehungsweise Dienstleistungen verwendet wird und somit zugleich ausgeschlossen werden kann, dass die benutzte Marke von den in Frage stehenden Verkehrskreisen als betriebliches Herkunftszeichen aufgefasst wird.

Erläutert werden kann dies am sogenannten „Hölterhoff-Fall“ des Europäischen Gerichtshofes. In diesem Fall ging der Europäische Gerichtshof davon aus, dass die Marken „Spirit Sun“ und „Context Cut“ zulässigerweise in einem Verkaufsgespräch zur beschreibenden Kennzeichnung des Schliffs von Halb- und Farbedelsteinen verwendet wurden. Hingegen kam der Europäische Gerichtshof in seinem „BMW-Urteil“ zu einer anderen Entscheidung. In diesem Fall wurde die Marke „BMW“ von einer Kraftfahrzeugwerkstatt, die nicht in die Vertriebsorganisation der BMW-AG eingegliedert ist, verwendet. In diesem Zusammenhang entschied der Europäische Gerichtshof, dass der Hinweis auf die Instandsetzung und Wartung sowie die besondere Fachkunde für Fahrzeuge des Herstellers BMW zwar als Benutzung des in Frage stehenden Zeichens als Marke einzustufen sei. Jedoch sei der Inhaber der Marke nicht berechtigt eine derartige Benutzung der Marke zu verbieten. Dies sei allenfalls dann möglich, wenn die Benutzung des Zeichens als Marke in einer Weise erfolge, die den Eindruck erwecken könne, es bestehe eine Handelsverbindung zwischen dem Drittunternehmen und dem Inhaber der geschützten Marke. Insbesondere dürfe nicht der Eindruck erweckt werden, dass das Unternehmen des Wiederverkäufers dem Vertriebsnetz des Markeninhabers angehöre oder eine wie auch immer geartete Sonderbeziehung zwischen den beiden Unternehmen bestehe.

Zur Begründung seiner Ansicht zieht der Europäische Gerichtshof insbesondere die Markenrichtlinie heran, die unter anderem bestimmt, dass der Inhaber die Benutzung der Marke für Waren nicht verbieten kann, die unter dieser Marke von ihm oder mit seiner Zustimmung in der Gemeinschaft in den Verkehr gebracht worden sind. Etwas anderes gelte nur, sofern berechtigte Gründe vorlägen, die es rechtfertigen, dass sich der Inhaber dem weiteren Vertrieb der Waren widersetzt. Auch hinsichtlich des Hinweises auf die Instandsetzung und Wartung folge aus den Regelungen der Markenrichtlinie, dass die Benutzung ja erfolge, um die Waren zu kennzeichnen, die Gegenstand des geleisteten Dienstes sind.

Beurteilungsmaßstab für die Benutzung des Zeichens als Marke

Die Benutzung eines Zeichens als Marke ist aus der Sicht eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Verbrauchers zu bestimmen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sich die Benutzung des Zeichens an die Allgemeinheit richtet. Ist die Benutzung ausschließlich an spezielle Verkehrskreise gerichtet, so ist deren diesbezügliches Verständnis maßgeblich. Auch die Verwendung eines Zeichens als Firma oder sonstiges Unternehmenskennzeichen kann eine Benutzung des betreffenden Zeichens als Marke darstellen. Weitere Voraussetzung ist allerdings, dass der Verkehr in der in Frage stehenden Benutzung des Zeichens einen mittelbaren Hinweis auf die betriebliche Ware sieht. Die angesprochenen Verkehrskreise müssen also zu der Annahme veranlasst werden, die unter der Firma angebotene Ware beziehungsweise Dienstleistung entstamme dem Geschäftsbetrieb des Zeicheninhabers oder die beiden Unternehmen stünden in einer geschäftlichen oder organisatorischen Beziehung zueinander.

Verwendet jedoch ein Dritter ein mit der Marke identisches oder ihr ähnliches Zeichen, um seinen Handelsnamen anzuzeigen, so kann er sich unabhängig von den Voraussetzungen einer Benutzung des Zeichens als Marke gegenüber den Ansprüchen des Inhaber der geschützten Marke nach dem Markengesetz auf eine diesbezügliche Ausnahmeregelung berufen. Werktitel nämlich dienen zur Unterscheidung geistiger Leistungen. Sie weisen jedoch nicht auf die Herkunft von Waren beziehungsweise Dienstleistungen hin. Insofern kann in ihrer Verwendung auch keine Benutzung des Zeichens als Marke erkannt werden. Etwas anderes gilt jedoch, wenn Werktitel ausnahmsweise doch als Herkunftszeichen verstanden werden. So kann nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München sowohl die Registrierung einer fremden Marke als Domain als auch die spätere Benutzung eine Benutzung des Zeichens als Marke darstellen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Domain zugleich eine Herkunftsfunktion innewohnt.

Markenparodien

Einen Sonderfall der Benutzung eines Zeichens als Marke stellen satirische Auseinandersetzungen mit bekannten Marken im Rahmen einer sogenannten Markenparodie dar. Um festzustellen, ob die Ausnutzung der Unterscheidungskraft der bekannten Marke in solchen Fällen ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise geschieht, bedarf es einer Interessenabwägung. Im Rahmen dieser Interessenabwägung ist ein Ausgleich herzustellen zwischen den Grundrechten der Kunstfreiheit und der Eigentumsgarantie im Hinblick auf das Markenrecht. Von besonderer Bedeutung für die rechtliche Bewertung von Markenparodien ist die Grundsatzentscheidung „Lila-Postkarte“ des Bundesgerichtshofs. In diesem Fall wollte die Klägerin als Inhaberin der Marke „Milka“ für Schokoladenwaren gegen die Beklagte vorgehen. Letztere vertrieb eine Postkarte mit einer violetten Grundfarbe und der Aufschrift „Über allen Wipfeln ist Ruh, irgendwo blökt eine Kuh. Muh! Rainer Maria Milka“

Zwar bejahte der Bundesgerichtshof den Gebrauch des Zeichens als Marke. Zur Begründung führte er aus, dass der Verkehr aufgrund der identischen Wortmarke der Klägerin und der mit ihrer Farbmarke sehr ähnlichen Grundfarbe der Postkarte der Beklagten diese Gestaltung mit den Marken der Klägerin gedanklich verknüpfe. Jedoch kam der Bundesgerichtshof nicht zum dem Schluss, dass eine Verletzung der Marke „Milka“ vorliege. Die Ausnutzung der Unterscheidungskraft erfolge nämlich nicht ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise. In der Gestaltung der Postkarte könne keine Verunglimpfung der Marken erblickt werden. Zudem ließe sich auch nicht annehmen, dass die Beklagte mit der Postkarte in erster Linie kommerzielle Zwecke verfolge. Daher habe im konkreten Fall die Kunstfreiheit Vorrang vor dem durch das Grundgesetz ebenfalls geschützten Eigentum an der Marke.

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