MT Die Schutzvoraussetzungen der nicht eingetragenen Marke


Einleitung

Auch die Schutzfähigkeit der nicht eingetragenen Marke richtet sich nach der einheitlich für alle Markenformen geltenden Definition. Diese ist im Markengesetz aufgeführt. Gemäß dieser Definition sind im weitesten Sinne alle Zeichen als Marke schutzfähig, die eine Eignung dazu aufweisen, Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens von den Waren beziehungsweise Dienstleistungen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden. Diese Definition gilt - wie oben erwähnt - sowohl für eingetragene als auch für nicht eingetragene Marken. Aus ihr folgt, dass alle Zeichen, für die ein formeller Markenschutz erlangt werden kann, auch einem materiellen Markenschutz zugänglich sind, sofern sie die hierfür erforderliche Verkehrsgeltung erlangen.

Das Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit

Gemäß der europäischen Markenrichtlinie bezieht sich das lediglich für eingetragene Marken vorgesehene Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit von Zeichen eigentlich auf die Frage der Markenfähigkeit eines Zeichens. Um einen einheitlichen Markenbegriff durchsetzen zu können, wurde dieses Erfordernis allerdings nicht in die Definition der Schutzfähigkeit im Sinne des Markengesetzes aufgenommen. Vielmehr ist diese für eingetragene Marken geltende Voraussetzung in einer anderen Vorschrift des Markenrechts verankert. Diese Vorschrift gestaltet des Erfordernis der graphischen Darstellbarkeit als absolutes Schutzhindernis aus. Demnach soll es auch im deutschen Recht ausschließlich hinsichtlich eingetragener und angemeldeter Marken Wirkung entfalten. Diese Auffassung des Gesetzgebers ist allerdings wohl unzutreffend. In der graphischen Darstellbarkeit ist vielmehr eine konstitutive Voraussetzung der Markenfähigkeit im Sinne der einschlägigen Definition des Markengesetzes zu sehen. Diese konstitutive Voraussetzung ist demnach wirksam sowohl für eingetragene als auch für nicht eingetragene Marken. Dies lässt sich bereits aus dem allgemeinen Bestimmheitsgrundsatz herleiten. Nach diesem Grundsatz ist es erforderlich, dass der Inhalt und die Grenzen des sachlichen Markenrechts für einen Dritten erkennbar sind. In diesem Zusammenhang ist es beispielsweise kaum denkbar, dass eine Verletzungklage auf das Recht an einer nicht eingetragenen Marke gestützt werden kann, die zudem auch nicht graphisch darstellbar ist.

Stärkung der nicht eingetragenen Marke durch das Markengesetz

Unter der Geltung des früheren Warenzeichengesetzes war die Hauptfunktion der nicht eingetragenen Marke - der Ausstattung - im Bereich des Schutzes dreidimensionaler Gestaltungen zu sehen. Hierzu zählten etwa eigentümliche Gestaltungselemente der Ware selbst oder ihrer Verpackung. Damals waren Aufmachung einer solcher Art einer Eintragung nicht zugänglich. Demzufolge konnten sie auch keinen formellen Markenschutz erlangen. Diese Beschränkungen des Schutzes eingetragener Zeichen wurde durch das neue Markengesetz beseitigt. Insofern kann gesagt werden, dass die nicht eingetragene Marke nunmehr den gleichen Schutzhindernissen unterliegt wie die eingetragene Marke. Hieraus ergibt sich, dass für solche Gestaltungen kein Markenschutz erlangt werden kann, die ausschließlich aus der Form der Ware selbst oder zumindest ausschließlich aus einer solchen Form bestehen, die durch die Erzielung einer technischen Wirkung bedingt ist oder durch die der Ware ein wesentlicher Wert verliehen wird.

Verkehrsgeltung

Von entscheidender Bedeutung für die Schutzfähigkeit einer nicht eingetragenen Marke ist deren Verkehrsgeltung. Das formelle Markenrecht ergibt sich aus dem förmlichen Akt der Eintragung. Das materielle Markenrecht - auch faktisches Markenrecht genannt - hingegen beruht auf dem wettbewerblichen Besitzstand der Bekanntheit innerhalb der betreffenden Verkehrskreise, welcher durch die Benutzung der Marke erworben wurde. Zu beachten ist allerdings auch, dass sich die Rechtsprechung bisher nicht dazu durchringen konnte, allgemeingültige, genau bestimmte Richtwerte hinsichtlich des Grades der erforderlichen Verkehrsgeltung festzulegen. Jedoch ist sie nicht müde geworden, zu betonen, dass die Umstände des konkreten Einzelfalls in diesem Zusammenhang von entscheidender Bedeutung seien. Es ist allerdings auch möglich, aus der Vielzahl der bisher ergangenen Entscheidungen eine allgemeine Leitlinie abzuleiten. Demnach lässt sich festhalten, dass der Grad der Verkehrsgeltung von der Unterscheidungskraft des in Frage stehenden Zeichens abhängig ist. Je geringer die Unterscheidungskraft eines Zeichens zu bewerten ist, desto höhere Anforderungen sind an die von diesem Zeichen zu erreichende Verkehrsgeltung zu stellen.

Originäre Unterscheidungskraft

Eine Unterscheidung wird getroffen zwischen Zeichen mit originärer Unterscheidungskraft und solchen ohne originäre Unterscheidungskraft. Im Zusammenhang mit Zeichen, die originäre Unterscheidungskraft aufweisen, wird regelmäßig ein Bekanntheitsgrad von 19 Prozent der Verkehrskreise als für die Schutzentstehung ausreichend erachtet. Bezüglich Zeichen, denen keinerlei originäre Unterscheidungskraft zukommt, wird demgegenüber zur Überwindung des Schutzhindernisses zusätzlich ein Durchsetzungsgrad verlangt, den Registermarken nach den Vorschriften des Markengesetzes erreichen müssen. Insofern wird davon ausgegangen, dass regelmäßig ein Durchsetzungsgrad von mehr als 50 Prozent innerhalb der Verkehrskreise erforderlich ist.

Freihaltebedürfnis der Mitwettbewerber

Auch das Freihaltebedürfnis der Mitwettbewerber hat in der deutschen Rechtssprechung im Rahmen der anzustellenden Gesamtabwägung, die zur Feststellung des Durchsetzungsgrades zu unternehmen ist, regelmäßig Berücksichtigung gefunden. Es stellt sich allerdings die Frage, ob im Lichte der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes an der Praxis der deutschen Gerichte festgehalten werden kann. Der Europäische Gerichtshof hat nämlich in seiner sogenannten Chiemsee-Entscheidung festgestellt, dass hinsichtlich der Bestimmung der erforderlichen Verkehrsdurchsetzung Gesichtspunkte des Freihaltebedürfnisses etwaiger Mitwettbewerber keine Berücksichtigung mehr finden sollen. Zwar ist es nicht zwingend der Fall, dass eine nicht eingetragene Marke in den Regelungsbereich der Markenrichtlinie fällt und somit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes unterliegt. Jedoch folgt aus dem sachlichen Zusammenhang sowie insbesondere der Tatsache, dass sich die Maßstäbe der Verkehrsdurchsetzung überschneiden können, dass eine einheitliche Handhabung angemessen ist.

Verkehrsgeltung und Verkehrsdurchsetzung

Das förmliche Markenrecht erstreckt sich stets auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Dies ist bei einer nicht eingetragenen Marke nicht zwingend der Fall. Ihre Geltung kann regional oder sogar lokal begrenzt sein, je nachdem, wie weit ihre Verkehrsdurchsetzung reicht. Zu beachten ist außerdem, dass die Begriffe der Verkehrsgeltung und der Verkehrsdurchsetzung zu unterscheiden sind. Bei dem Begriff der Verkehrsdurchsetzung geht es darum, dass bestimmte Eintragungshindernisse überwunden werden können, wenn eine Durchsetzung des Zeichens als Marke im Verkehr stattgefunden hat. Zu den betroffenen Eintragungshindernissen zählt zum Beispiel die fehlende Unterscheidungskraft. Regelmäßig sind im Rahmen der Prüfung der Verkehrsdurchsetzung strengere Maßstäbe anzulegen als im Rahmen der Prüfung der Verkehrsgeltung. In Einzelfällen ist es allerdings möglich, dass die Voraussetzungen der Verkehrsdurchsetzung mit denen der Verkehrsgeltung deckungsgleich sind. Dies kann etwa dann der Fall sein, wenn es sich um Zeichen handelt, denen keinerlei originäre Unterscheidungskraft zukommt und die aus diesem Grund, zumindest um Unterscheidungskraft zu erlangen, die nach dem Markengesetz für die Verkehrsdurchsetzung geltende Schwelle überschreiten müssen. Gegebenenfalls gelangte man sonst zu dem absurden Ergebnis, dass die Unterscheidungskraft nicht eingetragener Marken geringeren Anforderungen unterliege als diejenige eingetragener Marken. Anders als die Verkehrsgeltung muss sich die Verkehrsdurchsetzung entsprechend auf das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstrecken. Es kann sich nicht - wie die Verkehrsgeltung - auf einen lediglich regionalen oder lokalen Bereich beschränken.

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