Verwechslungsschutz und Identitätsschutz einer Marke


Einleitung

Die Vorschriften des Markengesetzes untersagen es Dritten, im geschäftlichen Verkehr ohne die Zustimmung des Inhabers der Marke ein identisches Zeichen für identische Waren beziehungsweise Dienstleistungen zu verwenden. Beschränkte sich das Verbietungsrecht jedoch allein auf diesen sogenannten Identitätsschutz, so könnte dem grundsätzlichen Anliegen, im Interesse des Inhabers der Marke sowie der Abnehmer seiner Waren und Dienstleistungen Fehlzurechnungen weitgehend zu verhindern, nicht hinreichend Rechnung getragen werden. So genügte zum Beispiel bereits eine sehr geringe Abweichung des Zeichens oder der Waren beziehungsweise Dienstleistungen, für die das Zeichen verwendet wird, um die Vorschriften betreffend den Identitässchutz zu umgehen. Eine Rechtsverletzung könnte auf diesem Wege ohne größere Schwierigkeiten vermieden werden. Um eine Umgehung der Vorschriften betreffend den Identitätsschutz zu verhindern, erstreckt sich der Untersagungstatbestand daher auch auf den Verwechslungsschutz.

Nach den Regelungen über den Verwechslungsschutz ist der Inhaber der Marke berechtigt, Dritten die Benutzung derjenigen Zeichen zu verbieten, die aufgrund ihrer Identität oder Ähnlichkeit mit der Marke und der Identität oder Ähnlichkeit der von ihnen erfassten Waren beziehungsweise Dienstleistungen in den angesprochenen Verkehrskreisen die Gefahr einer Verwechslung hervorrufen. Dabei erfasst das Markengesetz ausdrücklich auch die Gefahr, dass die Marken lediglich gedanklich miteinander verknüpft werden. Aus den bisherigen Ausführungen ergeben sich somit drei Fallkonstellationen die vom Markengesetz im Rahmen des Verwechslungsschutzes erfasst werden. Hierbei handelt es sich erstens um die Markenähnlichkeit bei gleichzeitiger Produktidentität, zweitens um die Markenidentität bei gleichzeitiger Produktähnlichkeit und drittens um die Markenähnlichkeit bei gleichzeitger Produktähnlichkeit.

Die Beurteilung der Verwechslungsgefahr

Die Reichweite des Markenschutzes ist vom zentralen Begriff der Verwechslungsgefahr abhängig. Ausschlaggebend für die Beurteilung ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs der Gesamteindruck der Kollisionszeichen. In diesem Zusammenhang müsse des Weiteren darauf abgestellt werden, ob ein nicht unerheblicher Teil der beteiligten Verkehrskreise einer Gefahr der Irreführung ausgesetzt ist. Der Europäische Gerichtshof hat die entsprechende Vorschrift der Markenrichtlinie, auf der ja auch die diesbezüglichen Regelungen des Markengesetzes beruhen, dahingehend konkretisiert, dass bei der Beurteilung von einem umsichtigen, gut informierten und kritisch prüfenden Durchschnittsverbraucher auszugehen sei. Der Bundesgerichtshof war vor dem Erlass der Markenrichtlinie hingegen davon ausgegangen, dass ein flüchtiger, unkritischer und ungebildeter Abnehmer zugrunde zu legen sei. Aufgrund der nunmehr gegeben Einbettung des deutschen Markenrechts in den europäischen Kontext lässt sich diese Auffassung jedoch nicht länger aufrecht erhalten. Insofern ist es zu begrüßen, dass sich die deutsche Rechtsprechung seit geraumer Zeit der Ansicht des Europäischen Gerichtshofs annähert.

Eigenarten des Begriffs der Verwechslungsgefahr

Bei dem Begriff der Verwechslungsgefahr handelt es sich nicht um einen empirischen Tatsachenbegriff. Vielmehr stellt die Verwechslungsgefahr einen abstrakten Rechtsbegriff dar, der als solcher grundsätzlich revisibel ist. Zu beachten ist zudem, dass es sich bei dem Tatbestand der Verwechslungsgefahr um einen abstrakten Gefährdungstatbestand handelt. Dies bedeutet konkret, dass ein Nachweis bezüglich tatsächlicher Verwechslungen nicht erbracht werden braucht. Einem solchen Nachweis kann lediglich eine Indizfunktion zukommen. Vielfach wird der Begriff der Verwechslungsgefahr als normativer Rechtsbegriff eines beweglichen Systems wechselseitiger Beurteilungskriterien bezeichnet. So hat auch der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass eine Wechselwirkung bestehe zwischen den Faktoren der Identität oder Ähnlichkeit der Waren beziehungsweise Dienstleistungen, der Identität oder Ähnlichkeit der Marken sowie der Kennzeichnungskraft, die der älteren Marke zukommt.

Auch der Bundesgerichtshof schließt sich dem an und führt im Fall „Attaché/Tisserand“ aus, dass ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und/oder eine besondere Bekanntheit der älteren Marke ausgeglichen werden könne. Zudem muss die Verwechslungsgefahr in einen Bezug zur Warenähnlichkeit gesetzt werden. Jedoch ist es nicht möglich, hinsichtlich der Warenähnlichkeit Kriterien von allgemeiner Gültigkeit aufzustellen. Dies liegt eben an der Wechselwirkung zwischen der Verwechslungsgefahr und der Identität beziehungsweise Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren. Insbesondere ist es möglich, dass ein höherer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen geringeren Grad der Ähnlichkeit der Waren ausgeglichen wird. Umgekehrt ist ein Ausgleich selbstredend ebenfalls denkbar. In diesem Zusammenhang betont der Europäische Gerichtshof im Fall „Sabèl/Puma“, dass hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf den Gesamteindruck abzustellen sei, die diese bei dem Durchschnittsverbraucher der jeweils fraglichen Waren hervorrufen.

Des Weiteren hat bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr die Kennzeichungskraft der Marke Berücksichtigung zu finden. Die Kennzeichnungskraft der Marke ist in erster Linie abhängig von denjenigen Eigenschaften der Marke, die sie von Haus aus aufweist. Hierzu zählen die originäre Kennzeichnungskraft und daneben die Dauer und der Umfang der Benutzung der Marke sowie ihre Bekanntheit im Verkehr. Die zuletzt genannten Eigenschaften werden auch als erworbene Kennzeichnungskraft bezeichnet. Die Kennzeichnungskraft selbst wiederum wird hinsichtlich ihrer Stärke in drei Kategorien unterteilt. So unterscheidet man zwischen schwacher, normaler und starker Kennzeichnungskraft einer Marke. Das Prinzip der Abhängigkeit der Kennzeichnungskraft eines Zeichens und dem Umfang des Kennzeichenschutzes vor Verwechslungsgefahr ist seit langem anerkannt. Dabei gilt die sogenannte Hefermehlsche Formel. Diese besagt, dass je größer die Kennzeichnungskraft eines Zeichens wegen seiner Eigenart und Bekanntheit im Verkehr ist, desto größer auch sein Schutzbereich ist. Entsprechend ist der Schutzbereich umso kleiner, je schwächer die Kennzeichnungskraft des fraglichen Zeichens ist.

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