MT Das Verhältnis der gewerblichen Schutzrechte zum Wettbewerbsrecht


Eine enge Verwandschaft besteht zwischen dem Recht der gewerblichen Schutzrechte und dem Wettbewerbsrecht. Sowohl das Wettbewerbsrecht, welches zum Großteil im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb geregelt ist, als auch das Recht der gewerblichen Schutzrechte dienen dem Schutz der gewerblichen Leistung. Diese zu schützende gewerbliche Leistung kann zutage treten in eigenartigen Erzeugnissen, im Ruf des Unternehmens, Geschäftsgeheimnissen oder allgemein im Unternehmen als Ganzes. Anders als bei den Immaterialgüterrechten erfolgt der Schutz der gewerblichen Leistung jedoch nicht durch die Zuordnung absolut wirkender subjektiver Rechte, deren Verletzung als Erfolgsunrecht eingeordnet wird. Durch das Wettbewerbsrecht werden vielmehr Verhaltensverbote und Verhaltensgebote gegen unlautere geschäftliche Handlungen aufgestellt. Dies erfolgt im Interesse der Mitbewerber und Verbraucher.

Ein Verstoß gegen die vom Wettbewerbsrecht statuierten Ge- und Verbote zieht in aller Regel zivilrechtliche Ansprüche und zum Teil auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich. Zentrale Bedeutung kommt in diesem Zusammenhang der im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthaltenen Generalklausel zu. Entsprechend dieser Klausel sind unlautere geschäftliche Handlungen, die sich eignen, die Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer spürbar zu beeinträchtigen, unzulässig. Die heutige Generalklausel hat die frühere Generalklausel ersetzt, die sich gegen Wettbewerbshandlungen richtete, die gegen die guten Sitten verstießen. Diese alte Regelung ging auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb von 1909 zurück. Wie fast alle Regelungen dieses Gesetzes entfaltete sie über einen Zeitraum von fast 100 Jahren Wirkung.

Die alte Klausel wurde zunächst verwendet unter Anwendung einer an Ethik und Moral orientierten Betrachtungsweise. Im Laufe der Jahre setzt sich aber zunehmend ein funktionales Verständnis durch. Mit dieser Entwicklung einher ging auch eine zunehmende Objektivierung derjenigen Wertmaßstäbe, die für die Ausfüllung der Generalklausel herangezogen wurden. Im Zuge dieser Entwicklung haben sich Fallgruppen herausgebildet, die im Rahmen der Reform des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb eine ausdrücklich Kodifizierung erhalten haben. Die Fallgruppen werden nunmehr allgemein als spezielle Ausprägungen und damit typische Konkretisierungen der derzeit geltenden Generalklausel verstanden.

Zwar weisen der gewerbliche Rechtsschutz und das Wettbewerbsrecht wie gesehen insofern eine funktionale Gemeinsamkeit auf, als sie als Teil der umfassenden Ordnung des Wettbewerbs dessen Rahmenbedingungen bestimmen. Dennoch handelt es sich beim Wettbewerbsrecht und dem Recht der gewerblichen Schutzrechte um eigenständige Rechtsgebiete, die sich auch grundsätzlich voneinander unterscheiden. Zwar wurden vor nicht allzu langer Zeit vereinzelt noch vertreten, das Wettbewerbsrecht falle in das Rechtsgebiet des gewerblichen Rechtsschutzes. Diese Einordnung hatte jedoch im Wesentlichen historische Ursachen. Die Begründung dieser Einordnung findet sich darin, dass in der Pariser Verbandsübereinkunft aus dem Jahre 1883 ausdrücklich auch die Unterdrückung des unlauteren Wettbewerbs als Gegenstand des Schutzes des geistigen Eigentums bezeichnet wird. Dies ließ sich aus der damiligen Sicht vor allem aus zwei Gründen rechtfertigen. Zum einen kam dem Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb ausschließlich eine konkurrentenschützende Funktion zu. Zum anderen bestand damals ein enger Zusammenhang sachlicher Zusammenhang zwischen dem Kennzeichenschutz und dem Wettbewerbsrecht. Dieser enge Zusammenhang kommt besonders darin zum Ausdruck, dass wichtige Teile des Kennzeichenschutzes - der Schutz der geschäftlichen Bezeichnungen - im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb verankert werden. Nunmehr findet sich der Schutz der geschäftlichen Bezeichnungen allerdings im Markengesetz. Es kann daher gesagt werden, dass sich zwar noch immer eine erhebliche Menge an Schnittstellen zwischen dem Wettbewerbsrecht und dem Recht der gewerblichen Schutzrechte finden lässt. Jedoch hat sich das Wettbewerbsrecht auch klar zu einem eigenständigen Rechtsgebiet entwickelt. Dieses Rechtsgebiet ist - anders als das Recht der gewerblichen Schutzrechte - bedingt durch die europäischen Harmonisierungsbestreben ganz wesentlich auch durch Belange des Verbraucherschutzes geprägt.

Starke Berührungspunkte von Wettbewerbsrecht und Recht der gewerblichen Schutzrechte zeigen sich vor allem in zwei Bereichen. So ist zunächst der ergänzende wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz von allgemeiner für die Dogmatik des immaterialgüterrechtlichen Schutzes grundlegender Bedeutung. Zudem betrifft das enge Verhältnis des Wettbewerbsrecht zum Kennzeichenrecht einen speziellen Aspekt, da beide Rechtsgebiete historisch dieselben Wurzeln aufweisen können. Anders als im Fall der Immaterialgüterrechte wird durch das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb regelmäßig kein Ausschließlichkeitsrecht gewährt. Vielmehr ist es Zweck des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb, im Interesse der Mitbewerber sowie der Allgemeinheit dafür Sorge zu tragen, dass der freie Wettbewerb auch die Schranken das lauteren Wettbewerbs beachtet. Lässt man diesen grundsätzlichen Unterschied jedoch einmal unbeachtet, so tritt ein enger Berührungspunkt zutage zwischen dem gesetzlichen Schutz aufgrund der Immaterialgüterrecht und dem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz.

Der ergänzende wettberbsrechtliche Leistungsschutz hat nunmehr auch eine ausdrückliche Kodifizierung im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb erhalten. Diesem Schutz zugrunde liegt der von der Rechtsprechung wiederholt betonte Grundsatz der Nachahmungsfreiheit. Aus den Beschränkungen durch sondergesetzliche Regelungen folgt somit im Umkehrschluss, dass Leistungsergebnisse außerhalb der dort festgelegten Voraussetzungen grundsätzlich frei sind. In solchen Fällen nämlich erfährt der Leistungsschutz durch die Immaterialgüterrechte eine abschließende Regelung. Ausnahmen hiervon kommen lediglich dann in Betracht, wenn eine Leistung wettbewerbliche Eigenart aufweist und Umstände hinzutreten, die über die bloße Nachahmung hinausgehen und die Nachahmungshandlung somit als unlauter erscheinen lassen. Die Rechtsprechung hat im Laufe der Zeit eine Reihe von Konstellationen herausgebildet, in denen die Nachahmungshandlung als unlauter anzusehen sein soll. Diese typischen Merkmale haben ebenfalls Einzug in das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb erhalten.

Zwischen dem ergänzenden wettbewerblichsrechtliche Leistungsschutz einerseits und den Immaterielgüterrechten andererseits besteht ein Spannungsverhältnis, welches sich nur schwer auflösen lässt. Zum einen müssen nämlich die Grenzen beachtet werden, die der Gesetzgeber durch den Sonderschutz bewusst gezogen hat. Zum anderen müssen eben diese Grenzen ausnahmsweise überschritten werden, wenn besondere Konstellationen dies erfordern. Diese Problematik hat bis heute keine grundlegende dogmatische Klärung erfahren. In der Praxis stellt sich der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz häufig als eine Notlösung dar, auf die zurückgegriffen wird, um Schutzlücken zu schließen, die dadurch entstehen, dass der Gesetzgeber nicht in der Lage ist, schnell genug auf wirtschaftliche und technische Entwicklungen sowie auf die daraus resultierenden Schutzbedürfnisse zu reagieren. Der wettbewerbsrechtliche Leistungsschutz wird dann provisorisch im Vorfeld einer gesetzlichen Regelung herangezogen. Dementsprechend besteht auch keine Bedarf mehr für den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz sobald eine gesetzliche Regelung einmal ergangen ist. Als Beispiel sei der Schutz bekannter Marken gegen Rufausbeutung genannt, der nunmehr im Markengesetz ausdrücklich geregelt wurde. Außerdem können die zahlreichen urheberrechtlichen Leistungsschutzrechte, die zum Teil durch den wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz vorgeformt wurden, genannt werden.

Die engste Verwandschaft jedoch weist das Recht des unlauteren Wettbewerbs mit dem Kennzeichenrecht auf, welches zum Wettbewerbsrecht im weiteren Sinne zählt. In der historischen Betrachtung zeigt sich eine äußerst enge Verknüpfung beider Rechtsmaterien. Auch beruhen sie auf denselben dogmatischen Grundlagen. Kennzeichen, insbesondere Marken und geschäftliche Bezeichnungen, stellen das naheliegendste Werbemittel dar, durch das etwas repräsentiert und identifiziert werden kann. Sowohl der Schutz vor Irreführungen, wie er im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb enthalten ist, als auch der Schutz vor Zeichenverwechselungen, der durch das Kennzeichenrecht bezweckt wird, beruhen auf demselben Prinzip. Es geht stets - sei es unter dem Gesichtspunkt des Konkurrenten- oder des Verbraucherschutzes - darum, Fehlzuordnungen und Fehlzurechnungen zu verhindern. Der wesentliche Kern, der auch in dem im angelsächsichen Recht entwickelten Gedanken des sogenannten Passing-Off zum Ausdruck kommt, ist wettbewerbsrechtlicher Natur. Er lässt das Kennzeichenrecht als Teilbereich des Wettbewerbsrecht im weiteren Sinne erscheinen. Diese Einordnung kann jedoch nicht verdrängen, dass das im Jahre 1995 in Kraft getretene Markengesetz eine umfassende Kodifikation des gesamten Kennzeichenrechts darstellt. Insofern hat sich diese Materie zu einem eigenständigen Rechtsgebiet entwickelt, welches gegenüber dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb grundsätzlich eine abschließende Regelung darstellt.

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