MT Grundlagen der Arbeitnehmererfindungen


Wirtschaftliche Bedeutung der Arbeitnehmererfindungen

Die Erlangung der Lösung eines technischen Problems, die durch ein Patent oder ein Gebrauchsmuster geschützt werden kann, ist für einen Erfinder in der Regel nur dann möglich, wenn er sich in dem technischen Umfeld des jeweiligen Problems auskennt. In einem Großteil der Fälle sind umfangreiche, kostspielige Forschungseinrichtungen erforderlich, um zu einer schutzfähigen Erfindung zu gelangen. Oft bedarf es auch eines entsprechend spezialisierten Personals, welches regelmäßig in Gruppenarbeit an der jeweiligen Erfindung beteiligt ist. Der derzeitige Stand der technologischen Entwicklung bietet privaten Personen nur sehr geringe Erfolgsaussichten hinsichtlich der Schaffung technischer Neuerungen mit nur bescheidenen Mitteln. Darüber hinaus ist die wirtschaftliche Bedeutung schutzfähiger Erfindungen, die von Privatpersonen getätigt werden, in der Regel äußerst gering.

Dementsprechend ist es heutzutage so, dass der weit überwiegende Teil der schutzfähigen Erfindungen in Unternehmen getätigt wird. Diese Unternehmen unterhalten nicht selten eine eigene Forschungsabteilung. Daneben gibt es eine Reihe von wirtschaftlich durchaus bedeutenden Erfindungen, die innerhalb nicht gewerblicher Forschungseinrichtungen getätigt werden. Ihr Anteil an der Gesamtanzahl der schutzfähigen Erfindungen ist jedoch deutlich geringer als derjenige der Erfindungen, die in gewerblich tätigen Unternehmen geschaffen werden. Sowohl den Erfindungen in gewerblichen als auch denen in nicht gewerblichen Unternehmen ist gemein, dass sie in der Regel durch Personen geschaffen werden, die in abhängiger Stellung beschäftigt sind. Relevant sind hier in erster Linie die Erfindungen von Arbeitnehmern. Gehen die Erfindungen aus einem Unternehmen oder einer Dienststelle einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft hervor, so kommen auch in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehende Beamte oder Soldaten als Erfinder in Betracht. Einzig im Zusammenhang mit kleineren Unternehmen kann vereinzelt davon gesprochen werden, dass der Beitrag, den die Inhaber dieser Unternehmen zu der Erfindung leisten, in etwa dem Anteil der eigentlichen Erfinder entspricht. Jedoch ist der Anteil solcher Erfindungen, die aus kleineren Unternehmen hervorgehen, an der Gesamtzahl aller getätigten Erfindungen ähnlich gering wie der Anteil derjenigen Erfindungen, die durch selbständige oder freiberuflich tätige Erfinder geschaffen werden. Den Arbeitnehmererfindungen hingegen kommt ein Anteil von ca. 85 Prozent an allen getätigten Erfindungen zu.

Die Interessenlage bei Arbeitnehmererfindungen

Aufgrund des geltenden Erfinderprinzips entsteht das Erfinderrecht bezüglich einer Erfindung, die ein Arbeitnehmer macht, in der Person eben dieses Arbeitnehmers. Auch, wenn mehrere Arbeitnehmer gemeinschaftlich eine Erfindung tätigen, entsteht das Erfinderrecht für sie alle. Für den Arbeitgeber hingegen kann das Erfinderrecht bezüglich einer von Arbeitnehmern getätigten Erfindung nicht originär entstehen. Nicht entscheidend für die Entstehung des Erfinderrechts in der Person des Arbeitnehmers ist die Intensität der Beziehung der Tätigkeit, aus der die Erfindung herrührt, zu den sich aus dem Arbeitsverhältnis des Arbeitgebers ergebenden Pflichten. Selbst, wenn der Arbeitnehmer für die Tätigung der Erfindung auf Erfahrungen des Unternehmens, für das er tätig ist, aufbaut, kommt als Person, in der das Erfinderrecht entsteht, einzig und allein er in Betracht. Für den Inhaber des Unternehmens entsteht ein Erfinderrecht auch in einem solchen Fall nicht. Dem Inhaber des Unternehmens kann demnach allein dann originär ein Erfinderrecht zustehen, wenn er als natürliche Person an der Tätigung der Erfindung beteiligt und somit Miterfinder ist. Durch Verwertung betrieblicher Erfahrungen durch den Arbeitnehmer ergibt sich ein solcher Beitrag allerdings noch nicht.

Konflikt zwischen Erfinderprinzip und Grundsätzen des Arbeitsrechts

Im Rahmen von Arbeitnehmererfindungen gerät das Erfinderprinzip in einen Konflikt mit dem Grundsatz des Arbeitsrechts, nach dem das Ergebnis der Arbeit prinzipiell dem Arbeitgeber zusteht. Nach diesem arbeitsrechtlichen Grundsatz müssten solche Erfindungen, die sich als Ergebnis der vom Arbeitnehmer geschuldeten Arbeitsleistung darstellen, eigentlich dem Arbeitgeber gebühren. Hierzu ist jedoch keinesfalls ein originärer Erwerb des Erfinderrechts an der Arbeitnehmererfindung durch den Arbeitgeber erforderlich. Das Erfinderprinzip hindert den Arbeitnehmer nämlich nicht an der Übertragung seiner vermögensrechtlichen Stellung aus dem Erfinderrecht. Nach den allgemeinen Regelungen des bürgerlichen Rechts ist die Übertragung der vermögensrechtlichen Komponente des Erfinderrechts an einer Arbeitnehmererfindung im Wege einer Vorausverfügung sogar hinsichtlich Erfindungen möglich, die der Arbeitnehmer noch gar nicht getätigt hat.

Der Arbeitgeber hat somit die Möglichkeit, den arbeitsrechtlichen Grundsatz dadurch wieder zur Geltung zu bringen, dass er in den Arbeitsvertrag eine Regelung aufnimmt, durch die sich der Arbeitnehmer zur Vorausübertragung aller von ihm getätigten Erfindungen verpflichtet, die nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen dem Arbeitgeber gebühren. Gäbe es keine Möglichkeit zu derartigen Vorausübertragungen, so stellte sich bezüglich jeder einzelnen vom Arbeitnehmer getätigten Erfindung die Frage einer Übertragungspflicht gegenüber dem Arbeitgeber und gegebenenfalls zusätzlich die Frage nach einer Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer speziellen Gegenleistung an der Arbeitnehmer. Für den Arbeitgeber bestünde dabei die Gefahr, dass der Arbeitnehmer - möglicherweise entgegen der vertraglich getroffenen Vereinbarungen - die Erfindung für sich schützen lässt und eine Verwertung durch Konkurrenten seines Arbeitgebers anstrebt. In diesem Zuge besteht auch die Gefahr, dass der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber von der Benutzung der Erfindung ausschließt. Ein reiner Übertragungsanspruch vermag in einem solchen Fall die Interessen des Arbeitgebers nicht hinreichend zu schützen.

Für den Arbeitnehmer hingegen besteht bei einer solchen Vorausübertragung das Risiko, dass ihm aufgrund seiner sozialen Abhängigkeit und wirtschaftlichen Unterlegenheit sowie der Schwierigkeit, die Art und den Wert künftiger Erfindungen abzuschätzen, keine oder zumindest keine ausreichende wirtschaftliche Beteiligung an den durch die Erfindung für den Arbeitgeber geschaffenen Vorteilen eingeräumt wird. Das Erfinderprinzip verfolgt jedoch gerade den Zweck, den wirtschaftlichen Wert einer Erfindung ihrem Erfinder zukommen zu lassen. Es kann daher nicht ausreichend sein, dass dem Arbeitnehmer formal das originäre Erfinderrecht zugesprochen wird. Vielmehr muss der Erfinder tatsächlich in die Lage versetzt werden, einen angemessenen Gegenwert für seine Rechtsposition zu erzielen.

Besondere Vergütung für Arbeitnehmererfindungen - Rechtsentwicklung

In der Rechtswissenschaft herrschte bereits vor der gesetzlichen Einführung des Erfinderprinzips die Ansicht vor, dass der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer, der eine Erfindung tätigt, zumindest in bestimmten Fällen zur Leistung einer besonderen Vergütung verpflichtet ist. Dies kam zunächst in Tarifverträgen aus den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts zum Ausdruck. In Anlehnung an Regelungen in diesen Tarifverträgen unterschied die Rechtssprechung zwischen Betriebserfindungen, Diensterfindungen und freien Erfindungen. Als Betriebserfindungen wurden Erfindungen definiert, in denen keine selbständige erfinderische Leistung einer einzelnen Person zu erkennen war. Vielmehr beruhten sie derart weitgehend auf Erfahrungen und Vorarbeiten des Unternehmens des Arbeitgebers, dass man es nicht für gerechtfertigt hielt, sie einem individuellen Erfinder zuzuschreiben. Betriebserfindungen fielen ohne weiteres dem Arbeitgeber zu. Ein besonderer Vergütungsanspruch für den Arbeitnehmer wurde dabei nicht begründet.

Diensterfindungen hingegen entstanden aus einer Tätigkeit, die zu den dienstlichen Obliegenheiten des Arbeitnehmers gehörten. Bei Diensterfindungen wurde grundsätzlich der Arbeitnehmer als Erfinder anerkannt. Für den Fall, dass die Leistung des Arbeitnehmers über dasjenige hinausging, was gemäß dem Arbeitsvertrag von ihm zu erwarten war, so war der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer gegenüber zur Zahlung einer angemessenen Vergütung verpflichtet. Jedoch wurde das Recht an der Erfindung in solchen Fällen kraft des Arbeitsvertrages von Beginn an dem Arbeitgeber zugesprochen. Einzig hinsichtlich freier Erfindungen - die definiert werden als weder Betriebs- noch Diensterfindung - wurde das Erfinderrecht originär dem Arbeitnehmer zuerkannt. Der Arbeitgeber konnte das Recht nur erlangen, indem er es sich durch gesonderte Vereinbarung übertragen ließ.

Probleme bei der gesetzlichen Verankerung des Erfinderprinzips

Durch die gesetzliche Verankerung des Erfinderprinzips im Patentgesetz von 1936 wurden berechtigte Interessen der Arbeitgeber in Gefahr gebracht. Allerdings konnten auch durch die Einführung dieses Prinzips allein die Interessen der Arbeitnehmer nicht hinreichend geschützt werden. Vielmehr erwies es sich als nötig, eine den Interessenausgleich sicherstellende Regelung hinzuzufügen. Sie musste zum einen den Anspruch des Arbeitgebers auf das Arbeitsergebnis auch insoweit sichern, als dieses in einer Erfindung bestand. Zum anderen musste dem Arbeitnehmer, dessen Erfindung der Arbeitgeber als Arbeitsleistung beansprucht, in Erfüllung des patentrechtlichen Gebots einer gerechten Entlohung des Erfinders ein seiner Leistung angemessener Anteil am Wert der Erfindung zugewiesen werden. Um die Einführung einer solchen Regelung hatte man sich bereits vor dem ersten Weltkrieg bemüht. Zu einem Erfolg gelangte sie jedoch weder im Rahmen einer Reform des Patentrechts noch durch ein Arbeitsgesetzbuch. Erstmals in den Jahren 1942 und 1943 kam eine knappe gesetzgeberische Lösung des Problems zustande. Die Grundgedanken dieses Ansatzes haben Einfluss genommen auf das geltende Gesetz betreffend Arbeitnehmererfindungen, welches dieses Problemfeld nunmehr umfassend regelt.

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