MT Die Anforderungen an den geistigen Beitrag eines Miterfinders


Einleitung

Erfinder einer Erfindung ist derjenige, der eine geistige Leistung erbringt, die dazu führt, dass eine neue Lehre zum technischen Handeln entwickelt wird, die für einen Fachmann nicht bereits durch den Stand der Technik nahegelegt war. In der Praxis werden Erfindungen in der Mehrzahl der Fälle jedoch nicht durch einen einzelnen, sondern durch mehrere Erfinder gemeinschaftlich getätigt. Diese Erfinder sind dann Miterfinder - ihnen steht das Erfinderrecht an der Erfindung gemeinschaftlich zu. Über das Erfinderrecht können - dies ist in der Natur des Menschen tief verwurzelt - Streitigkeiten erwachsen. Deshalb ist eine genaue Abgrenzung geboten, wann eine geistige Leistung eine Person, die an der Erfindung beteiligt ist, zum Miterfinder macht.

Schöpferischer Beitrag oder qualifizierte Mitarbeit

Fraglich ist zunächst, ob eine Person durch jede beliebige Art der selbständigen geistigen Mitarbeit an der erfinderischen Problemlösung zum Miterfinder werden kann ober ob diese Art der Mitarbeit zusätzlich qualifiziert sein muss. Nach der herkömmlichen und auch heute noch weitverbreiteten Ansicht ist in diesem Sinne ein schöpferischer Beitrag zu verlangen. Vereinzelt wird jedoch eine Mitwirkung durch Gedankengänge, die das Durchschnittskönnen eines Fachmanns auf dem betreffenden Gebiet übersteigen, als wesentliche Voraussetzung für die Anerkennung als Miterfinder angesehen. Dabei soll darauf zu achten sein, dass die Tätigkeit des Beteiligten und nicht dessen Beitrag als deren Ergebnis betrachtet werden müsse. Auch der Bundesgerichtshof hat der zweiten Ansicht im sogenannten Spanplattenfall grundsätzlich zugestimmt. Der Bundesgerichtshof bemerkte außerdem, dass dieser Ansatz zum ersten Mal eine brauchbare Umschreibung dessen liefere, was im Grunde seit der Einführung des Erfinderprinzips unter einem schöpferischen Beitrag verstanden worden sei. Jedoch kam das Gericht zu dem Schluss, dass im vorliegenden Fall auch die zuvor noch gelobte Umschreibung nicht zu einer Klärung in der Lage sei.

In der Folge hat der Bundesgerichtshof die Miterfinderschaft eines Beteiligten angenommen, obwohl dieser keine Leistung erbracht habe, welche das Durchschnittskönnen eines Fachmanns auf diesen Gebiet überstiegen habe. Dies hat selbst der Betroffene vor dem zuvor mit der Sache befassten Berufungsgericht so zugegeben. Der Bundesgerichtshof sah sich aufgrund der etwas kuriosen Umstände des Falles zu diesem Urteil genötigt. Wäre nämlich besagter Maßstab angelegt worden, so hätte auch bei dem anderen Beteiligten keine Leistung erkannt werden können, die das Durchschnittskönnen eines Fachmanns auf dem betreffenden Gebiet übersteigt. Dies widerum hätte zufolge gehabt, dass die Ermittlung eines individuellen Erfinders überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Der Bundesgerichtshof hielt es vor diesem Hintergrund für angemessen, die Einzelbeiträge der beiden Beteiligten keiner separaten Würdigung zu unterziehen. Vielmehr wurde unter dem Gesichtspunkt des schöpferischen Beitrags beziehungsweise der qualifizierten Mitwirkung ein weniger strenger Maßstab angelegt als dies vor dem Berufungsgericht der Fall war.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in einer späteren Entscheidung ähnliche Gedankengänge angestellt. Ein Beitrag, der das Können eines durchschnittlichen Fachmanns übersteige, solle dann nicht zu fordern sein, wenn keiner der an der Erfindung beteiligten Personen einen solchen Beitrag erbracht habe. Es scheint also lediglich möglich, ein Merkmal, welches die selbständige geistige Leistung am Auffinden der Lehre zum technischen Handeln zusätzlich qualifiziert, unter der Pämisse zu verlangen, dass die gestellten Anforderungen beliebig zu senken sind, sofern sich unter eben diesen Voraussetzungen kein Erfinder ermitteln lässt. Der Bundesgerichtshof selbst erwähnt, dass diese Gefahr insbesondere namentlich bei langwierigen Forschungsaufträgen und bei planmäßigen Versuchsreihen in der modernen Industrie drohe. Daraus lässt sich schließen, dass die Forderung nach einem qualifizierenden Merkmal der selbständigen geistigen Leistung eines Miterfinders im Grundsatz nicht mit der Eigenart des gemeinschaftlichen Erfindens unter den Bedingungen moderner Technik zu vereinbaren ist.

Die Forderung führt vielmehr dazu, dass aus einem Vorgang, der sich durch den Gedankenaustausch und gegenseitige Anregung auszeichnet, möglichst in sich abgeschlossenen einzelne Beiträge isoliert und gesondert bewertet werden. Dabei ist es letztlich nicht zu vermeiden, dass eine Annäherung an denjenigen Maßstab stattfindet, der für das Beruhen der Erfindung auf einer erfinderischen Tätigkeit gebräuchlich ist. Allerdings bleibt unklar, wie eine Berücksichtigung der Tatsache sichergestellt werden kann, dass der einzelne Beitrag der jeweiligen Miterfinder diesen Anforderungen ja gar nicht zu genügen braucht. Eine Erleichterung oder Verbesserung der Beurteilung wird auch dadurch nicht erreicht, dass man den Vergleich mit den durchschnittlichen Fähigkeiten eines Fachmannes auf dem in Frage stehenden Gebiet nicht auf ein Resultat, sondern auf eine Tätigkeit bezieht. Weitere Bedenken ergeben sich vor dem Hintergrund, dass das Erfordernis eines qualifizierten Beitrags die Zusammenarbeit derjenigen Gruppen beeinträchtigen könnte, die sich um technische Problemlösungen bemühen. Diese Bedenken sind darin begründet, dass derjenige, der vorzeitig einen neuen Gedanken äußert, Gefahr läuft, dass ein anderer eben diesen Gedanken fortentwickelt und dass eben dieser Person später allein das schöpferische oder überdurchschnittliche Verdienst zuerkannt wird. Daher könnte die Versuchung bestehen, Ideen geheimzuhalten und zunächst selbständig fortzuentwickeln, um am Ende bessere Aussichten darauf zu haben, die Anerkennung eines qualifizierten Beitrags zu erlangen.

Kritische Auseinandersetzung und neuer Ansatz

Andere Autoren haben sich mit der herkömmlichen Lehre kritisch auseinandergesetzt. Sie sind zu dem Schluss gekommen, dass ein schöpferischer Beitrag nicht zu fordern sei. Nach dieser Ansicht ist die Miterfinderschaft bei Erfindungen, die durch das Zusammenwirken mehrerer Personen entstehen, davon abhängig, dass die Miterfinder in gemeinsamem geistigen Schaffen an der Konzeption der erfinderischen Idee gearbeitet haben. Dabei müsse jeder selbständig, also nicht nach den Weisungen eines anderen tätig geworden sein. Diese Ansicht war dem Bundesgerichtshof im Spanplattenfall sehr wohl bekannt. Dennoch hat das Gericht keine Stellung dazu bezogen, ob es diese Ansicht für vorzugswürdig gegenüber derjenigen hält, die von jedem Miterfinder einen schöpferischen Anteil beziehungsweise eine qualifizierte Mitwirkung verlangt. Auch in späteren Entscheidungen konnte sich der Bundesgerichtshof nicht dazu durchringen, sich für eine der beiden Auffassungen zu bekennen.

Im Motorkettensägenfall zog der Bundesgerichtshof immerhin den Schluss, dass die Beiträge der Miterfinder nur dahingehend zu überprüfen seien, ob sie überhaupt einen Beitrag zur Lösung der gestellten Aufgabe geleistet hätten. Keine Miterfinderschaft würde lediglich durch solche Beiträge begründet, durch die der Gesamterfolg nicht beeinflusst würde. Hierbei handelt es sich also um Beiträge, die bezüglich der Lösung der Aufgabe unwesentlich sind. Außerdem könne auf solche Beiträge keine Miterfinderschaft begründet werden, die auf Weisung des Erfinders oder einer dritten Personen erbracht wurden. Hierin kann eine Annäherung an die neuere Ansicht gesehen werden. Dies ist aus den Gründen, die in den bisherigen diesbezüglichen Ausführungen ersichtlich sind, der herkömmlichen Auffassung vorzuziehen. Miterfinder ist demnach, wer durch selbständige geistige Arbeit zur Schaffung einer neuen, auf erfinderischer Tätigkeit oder einem erfinderischen Schritt beruhenden technischen Problemlösung beigetragen hat. Der Gegenstand einer Anmeldung oder eines Schutzrechts ist dabei für die Geltendmachung des Erfinderrechts einheitlich zu betrachten. Miterfinderschaft kann stets auch dann Vorliegen, wenn bereits der Beitrag eines einzelnen Miterfinders - ausnahmsweise - für sich genommen schon eine schutzfähige Erfindung darstellt. Die anderen Beiträge können diese Erfindung dann durch mit ihr zusammenhängende selbständige Erfindungen oder auch nur durch von ihr abhängige besondere Ausgestaltungen ergänzen. Solche Ausgestaltungen können in Unter- oder Nebenansprüchen vorkommen und auf diesem Wege geschützt werden.

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