MT Die Inanspruchnahme von Diensterfindungen durch den Arbeitgeber


Einleitung

Der Arbeitgeber hat die Möglichkeit, die Diensterfindung einer seiner Arbeitnehmer entweder unbeschränkt oder beschränkt in Anspruch zu nehmen. Für die Inanspruchnahme ist eine schriftliche Erklärung gegenüber demjenigen Arbeitnehmer erforderlich, dessen Erfindung in Anspruch genommen werden soll. Der Arbeitgeber hat diese Erklärunmg sobald wie möglich abzugeben. Das Arbeitnehmererfindergesetz sieht jedoch eine Frist von maximal vier Monaten ab dem Eingang der ordnungsgemäßen Erfindungsanmeldung durch den Arbeitnehmer vor. Maßgebend für die Einhaltung dieser Frist ist der Zugang der Erklärung des Arbeitnehmers. Für den Zeitpunkt des Eingangs der vom Arbeitnehmer zu unternehmenden Meldung ist auf die nach den Vorschriften des Arbeitnehmererfindergesetzes formgerechte Meldung abzustellen. Entspricht die Meldung des Arbeitnehmers den an sie durch das Arbeitnehmererfindergesetz gestellten Anforderungen nicht und wird dies durch den Arbeitgeber beanstandet, so kann auch ein späterer Zeitpunkt maßgeblich sein. In einem solchen Fall beginnt die Frist, binnen derer der Arbeitgeber die Diensterfindung beanspruchen kann, erst mit dem Zugang der Meldung, die die erforderlichen Ergänzungen enthält. Wird die Diensterfindung durch den Arbeitgeber nicht oder nicht rechtzeitig beansprucht, so wird diese frei. Dies hat zur Folge, dass dem Arbeitgeber an dieser Erfindung nicht einmal diejenigen Rechte zustehen, die er hinsichtlich einer originär freien Erfindung hätte.

Entstehung des Rechts des Arbeitgebers auf Inanspruchnahme der Erfindung

Für das Bestehen des Rechts auf Inanspruchnahme der Erfindung durch den Arbeitgeber ist es nicht erforderlich, dass dem Arbeitgeber durch den Arbeitnehmer überhaupt eine oder zumindest eine ordnungsgemäße Meldung hinsichtlich der Diensterfindung gemacht wurde. Ausreichend ist es bereits, dass der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber eine vermeintlich freie Erfindung mitteilt oder der Arbeitgeber auf sonstige Weise von der Erfindung Kenntnis erlangt. Fehlt eine entsprechende ordnungsgemäße Meldung seitens des Arbeitnehmers, so ist lediglich ausgeschlossen, dass der Arbeitgeber seine Rechte infolge des Ablaufs der Frist zur Inanspruchnahme der Erfindung verliert. Der Arbeitgeber kann zudem die Nachholung der erforderlichen Erklärung selbst dann noch verlangen, wenn er bereits erklärt hat, die Erfindung in Anspruch zu nehmen. Darüber hinaus macht sich der Arbeitnehmer, der die Meldung der Erfindung schuldhaft verzögert, gegenüber dem Arbeitgeber unter Umständen schadensersatzpflichtig. Ein Schaden kann sich für den Arbeitgeber insbesondere daraus ergeben, dass die Erlangung eines Schutzrechts für die Erfindung bei rechtzeitiger Meldung möglich gewesen wäre, durch den nun fortgeschrittenen Stand der Technik allerdings unmöglich geworden ist.

Die Unterschiede der beschränkten und unbeschränkten Inanspruchnahme

Zwischen der beschränkten und der unbeschränkten Inanspruchnahme besteht ein fundamentaler Unterschied hinsichtlich ihrer Wirkungen. Die unbeschränkte Inanspruchnahme einer Diensterfindung durch den Arbeitgeber bewirkt, dass alle Rechte an dieser Erfindung auf ihn übergehen. Einzig das Erfinderrecht in seiner persönlichkeitsrechtlichen Ausprägung verbleibt dem Arbeitnehmer. Kraft abgeleiteten Rechts wird der Arbeitgeber durch die Inanspruchnahme der Inhaber des Rechts auf das Patent oder Gebrauchsmuster. Dementsprechend ist der Arbeitgeber berechtigt, die Anmeldung der Erfindung herbeizuführen, um so jedem entgegenzutreten, der eine auf denselben Erfindungsakt zurückgehende Anmeldung vornehmen möchte. Dies gilt selbstverständlich auch im Verhältnis zu demjenigen Arbeitnehmer, der die Erfindung gemacht hat. Eine Anmeldung nämlich, die dieser Arbeitnehmer auf seinen Namen lautend betreiben würde, wäre widerrechtlich.

Waren an der Tätigung der Erfindung mehrere Personen gemeinschaftlich als Miterfinder beteiligt, so ist zu einer wirksamen Inanspruchnahme der Erfindung durch den Arbeitgeber dessen diesbezügliche schriftliche Erklärung gegenüber jedem der Miterfinder erforderlich. Diejenigen Miterfinder, gegenüber denen keine wirksame Inanspruchnahme erfolgt ist, bilden zusammen mit dem Arbeitgeber eine Rechtsgemeinschaft. Wurde die Erfindung gemeinschaftlich in zwischenbetrieblicher Zusammenarbeit von Arbeitnehmern verschiedener Arbeitgeber getätigt, so kann jeder Arbeitgeber, gegenüber dem die Erfindung als Diensterfindung einzustufen ist, das Recht zur Inanspruchnahme der Erfindung ausüben, soweit der Anteil seines Arbeitnehmers reicht. Entsprechend ist jeder von mehreren Arbeitgebern eines Erfinders, gegenüber dem es sich bei der Erfindung um eine Diensterfindung handelt, zur anteiligen Inanspruchnahme berechtigt.

Die Wirkungen der beschränkten Inanspruchnahme

Anders als bei der unbeschränkten Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber behält der Arbeitnehmer bei einer beschränkten Inanspruchnahme das Recht an der von ihm gemachten Erfindung. Der Arbeitgeber erhält nämlich durch eine lediglich beschränkte Inanspruchnahme ein nicht-ausschließliches Recht zur Nutzung der Erfindung. Der Arbeitnehmer bleibt entsprechend berechtigt, die Erfindung auf seinen Namen schützen zu lassen, sie zu benutzen oder Dritten die Nutzung zu ermöglichen. Einer Nutzung der Erfindung durch den Arbeitnehmer selbst hingegen steht regelmäßig eine entsprechende arbeitsvertragliche Regelung entgegen. Dies ist darin begründet, dass den Arbeitnehmer eine Pflicht treffen kann, dem Arbeitgeber keine Konkurrenz zu machen. Ungeachtet dessen hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, Dritten die Nutzung seiner Erfindung zu erlauben selbst dann, wenn diese direkte Wettbewerber des Arbeitgebers sind. Die sich aus dem Arbeitsvertrag ergebende Treuepflicht für den Arbeitnehmer tritt hier zurück, da die Erfindung durch eine nur beschränkte Inanspruchnahme frei wird.

Zu beachten ist allerdings, dass eine solche nur beschränkte Inanspruchnahme der Erfindung durch den Arbeitgeber auch den Arbeitnehmer in eine missliche Lage bringen kann. So ist es zum Beispiel denkbar, dass die Marktposition des Arbeitgebers so stark ausgeprägt ist, dass Dritte, die ebenfalls ein grundsätzliches Interesse an der Markteinführung erfindungsgemäßer Erzeugnisse haben, vor der Markteinführung zurückschrecken, wenn sie mit der Konkurrenz des Mitwerbers rechnen müssen, da diesem ja ein Nutzungsrecht vorbehalten ist. Um solche Konstellationen zu verhindern, sieht das Arbeitnehmererfindergesetz vor, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen kann, die Erfindung binnen zweier Monate entweder unbeschränkt in Anspruch zu nehmen oder aber freizugeben, wenn dem Arbeitnehmer die anderweitige Verwertung seiner Erfindung durch das Benutzungsrecht des Arbeitgebers unbillig erschwert wird. Nimmt der Arbeitgeber die Erfindung nach einer derartigen Aufforderung nicht rechtzeitig unbeschränkt in Anspruch, so wird diese frei. Dem Arbeitgeber verbleiben dann weder ein einfaches Nutzungsrecht noch diejenigen Rechte, die er bei einer originär freien Erfindung hätte.

Sowohl in den Fällen gemeinschaftlicher Rechte an Diensterfindungen als auch in den Fällen geteilter Rechte zur Inanspruchnahme solcher Erfindungen müsste eine beschränkte Inanspruchnahme, die sich nicht auf das Recht an der Erfindung im Ganzen bezieht, sondern nur gegenüber einzelnen Teilhabern dieses Rechts oder durch den einen oder anderen von mehreren zur Inanspruchnahme berechtigten Arbeitgebern erfolgt, zu einem auf entsprechende Bruchteile bezogenen nichtausschließlichen Benutzungsrecht führen. Aus den Eigenschaften der Bruchteilsgemeinschaft würde dann eigentlich folgen, dass sich die Benutzungsbefugnisse vervielfachen, die übrigen Teilhaber diese neu entstandenen Nutzungsrechte aber nicht hinzunehmen bräuchten. Daraus folgt, dass eine beschränkte Inanspruchnahme, die Wirkung lediglich hinsichtlicher einzelner Bruchteile entfalten würde, solange kein Nutzungsrecht verleiht, bis sie auf die fehlenden Bruchteile erstreckt wird. Anders verhält es sich bei der unbeschränkten Inanspruchnahme eines Bruchteils. Diese verleiht dem entsprechenden Arbeitgeber jedenfalls ein Benutzungsrecht nach Maßgabe der Vorschriften über die Bruchteilsgemeinschaft.

Verfügungen des Arbeitgebers

Der Arbeitgeber kann über seine Rechtsstellung, die er durch eine unbeschränkte Inanspruchnahme der Diensterfindung eines Arbeitnehmers erhält, grundsätzlich frei verfügen. Vorbehalte bestehen in diesem Zusammenhang lediglich hinsichtlich seiner Pflicht zur Anmeldung der Erfindung. Im Gegensatz dazu ist das nicht-ausschließliche Benutzungsrecht, welches durch eine beschränkte Inanspruchnahme begründet wird, an das Unternehmen des Arbeitgebers gebunden. Das erlangte nicht-ausschließliche Nutzungsrecht kann somit weder übertragen werden, noch kann es durch die Vergabe von Lizenzen auf Dritte ausgedehnt werden. Der Bundesgerichtshof erhält diese Beschränkung selbst dann aufrecht, wenn es sich bei dem Gegenstand der Diensterfindung um ein Verfahren handelt und der Arbeitgeber Dritten Maschinen und Anlagen liefert, deren bestimmungsgemäßer Gebrauch die Nutzung eben jenes Verfahrens erfordert. Zwar habe der Arbeitgeber die Möglichkeit, das Verfahren aufgrund der beschränkten Inanspruchnahme in seinem Unternehmen einzusetzen. Jedoch habe er nicht die Befugnis, Dritten ebenfalls die Nutzung des Verfahrens zu gestatten.

Im Schrifttum hingegen wird überwiegend die Ansicht vertreten, dass der Arbeitgeber auch befugt sein müsse, seinen Abnehmern das Recht zur Nutzung des Verfahrens zu verschaffen, soweit diese mittels der gelieferten Vorrichtung erfolgt. Diese Auffassung wird zum einen sowohl praktischen als auch wirtschaftlichen Bedürfnissen gerecht. Zum anderen verschafft der Einsatz von Erzeugnissen des Arbeitgebers der Verfahrensnutzung einen gegenständlichen Bezug zu dessen Unternehmen, sofern die Vorrichtungen ihrer Bauart gemäß speziell auf das erfindungsgemäße Verfahren zugeschnitten sind. Allerdings geht auch das Schrifttum davon aus, dass den Grundsätzen des Bundesgerichtshofs zu folgen ist, sofern es sich um Vorrichtungen handelt, bei deren Betrieb die Anwendung der Verfahren lediglich vorteilhaft, nicht jedoch notwendig ist.

Verfügungen des Arbeitnehmers

Bis zur Inanspruchnahme der Erfindung durch den Arbeitgeber verbleibt das Recht an ihr beim Arbeitnehmer. Dieser hat dann auch die Möglichkeit - zum Beispiel durch die Übertragung des Rechts auf einen Dritten oder in sonstiger Weise - über dieses Recht zu verfügen. Das Arbeitnehmererfindergesetz sieht jedoch - wenn später eine wirksame Inanspruchnahme der Erfindung durch den Arbeitgeber erfolgt - die Unwirksamkeit solcher Verfügungen vor, soweit die Rechte des Arbeitgebers durch die vorgenommene Verfügung beeinträchtigt würden. Der gute Glaube des Dritten ist hier unschädlich. Daraus ergibt sich, dass eine Übertragung des Rechts an der Erfindung durch Arbeitnehmer im Fall einer unbeschränkten Inanspruchnahme vollständig unwirksam wird.

Hat der Arbeitgeber die Erfindung nur beschränkt in Anspruch genommen, so muss der Dritte, der das Recht an der Erfindung erworben hat, das nicht-ausschließliche Nutzungsrecht des Arbeitgebers gegen sich gelten lassen. Hat der Arbeitnehmer einem Dritten ein Nutzungsrecht eingeräumt, so entfällt dieses bei einer unbeschränkten Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber. Im Falle einer nur beschränkten Inanspruchnahme ist danach zu unterscheiden, ob das Nutzungsrecht des Dritten ausschließlich oder nicht-ausschließlich ist. Während ein vom Arbeitnehmer vergebenes nicht-ausschließliches Nutzungsrecht von einer beschränkten Inanspruchnahme unberührt bleibt, muss der Dritte im Fall eines ausschließlichen Nutzungsrechts hinnehmen, dass der Arbeitgeber durch die Inanspruchnahme ein nicht-ausschließliches Nutzungsrecht erlangt.

Rechtsnatur des Rechts auf Inanspruchnahme der Diensterfindung

Bei dem Recht des Arbeitgebers, die Diensterfindung in Anspruch zu nehmen, handelt es sich um ein Gestaltungsrecht. Ausgeübt wird dieses Recht durch eine einseitige Erklärung des Arbeitgebers. Die Wirksamkeit der Ausübung des Gestaltungsrecht ist unabhängig von einer etwaigen Zustimmung oder sonstigen Mitwirkung des Arbeitnehmers. Der Inhalt des Gestaltungsrechts entspricht am ehesten demjenigen eines Aneignungsrechts. Jedoch ist es auch von den sachenrechtlichen Aneignungsrechten dadurch zu unterscheiden, dass der Gegenstand, auf den es sich bezieht, bereits einem anderen gehört. Insofern wird durch die Ausübung des Gestaltungsrechts lediglich ein abgeleiteter, jedoch kein originärer Rechtserwerb bewirkt. Letztlich ist davon auszugehen, dass das Recht des Arbeitnehmers an der von ihm gemachten Diensterfindung von Beginn an mit dem Zugriffsrecht des Arbeitgebers belastet ist. Man kann außerdem von einer Anwartschaft des Arbeitgebers sprechen. Der Rechtserwerb zu seinen Gunsten hängt nämlich allein von einer Handlung ab, über deren Vornahme er entscheidet.

Nimmt der Arbeitgeber die Erfindung unbeschränkt in Anspruch, so erstarkt die Anwartschaft entsprechend zum Vollrecht. Sie erlischt jedoch in dem Fall, dass die Erfindung frei wird. Die Rechte zur beschränkten und unbeschränkten Inanspruchnahme unterscheiden sich durch den Inhalt der Rechtsposition, die der Arbeitgeber durch ihre Ausübung erlangt. Insofern kann das Recht zur beschränkten Inanspruchnahme nicht als Aneignungsrecht verstanden werden. Unter Beachtung der Vorschriften des Arbeitnehmererfindergesetzes erscheint es am ehesten als ein Recht, dass die Freigabe der Erfindung durch den Vorbehalt eines Nutzungsrechts beschränkt. Jedoch lassen sich auch hier die Merkmale der Anwartschaft feststellen. Denn auch die beschränkte Inanspruchnahme wirkt unmittelbar auf das Recht des Arbeitnehmers ein. Durch sie wird ein Rest der Belastung verwirklicht, mit der dieses Recht entsteht. Auch hier sollte nicht von einer schuldrechtlichen Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Duldung der Benutzung der Erfindung durch den Arbeitgeber ausgegangen werden. Vielmehr ist das Erfinderrecht des Arbeitnehmers bereits im Zeitpunkt seiner Entstehung mit der Einschränkung belastet, dass dieser im Falle einer beschränkten Inanspruchnahme ein Schutzrecht für die Erfindung nur ohne die Befugnis erlangen kann, den Arbeitgeber von der Nutzung der Erfindung auszuschließen.

Ähnliche Artikel

Durchsuchen Sie Rechtssartikel