MT Grundlagen der Intervention des Berechtigten im Erteilungsverfahren des europäischen Patents


Einleitung

Nach den Vorschriften des Europäischen Patentübereinkommens wird vom europäischen Patentamt nicht geprüft, ob demjenigen, der eine Erfindung zum europäischen Patent anmeldet, das Recht auf das europäische Patent auch tatsächlich zusteht. Die einschlägigen Regelungen des Europäischen Patentübereinkommens sehen vielmehr eine dahingehende Fiktion vor, dass der Anmelder als berechtigt gilt, das Recht auf das europäische Patent geltend zu machen. Diese Fiktion wirkt sich auch auf das Einspruchsverfahren aus. Demnach ist es nicht möglich, den Einspruch gegen ein europäisches Patent darauf zu stützen, dem Inhaber des Patents fehle die sachliche Berechtigung beziehungsweise der Inhalt des jeweiligen Patents resultiere aus einer widerrechtlichen Entnahme. Allerdings berücksichtigt das Europäische Patentamt im Rahmen des Erteilungsverfahrens rechtskräftige Entscheidungen der nationalen Gerichte. Wird in einer solchen Entscheidung der Anspruch auf Erteilung des europäischen Patents einer anderen Person als dem Anmelder zugesprochen, so hat der gemäß der Entscheidung tatsächlich Berechtigte, innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft, jedoch nur solange das europäische Patent noch nicht erteilt ist, drei Möglichkeiten.

Zum einen hat er die Möglichkeit, die Anmeldung des europäischen Patents anstelle des Anmelders als eigene Anmeldung weiterzuverfolgen. Zum anderen wird ihm ermöglicht, eine neue europäische Patentanmeldung bezüglich derselben Erfindung einzureichen. Dieser erneuten Anmeldung kommt dann der Anmeldetag der unrechtmäßigen Anmeldung zu. Schließlich wird dem tatsächlich Berechtigten die Möglichkeit geboten, die Zurückweisung der europäischen Patentanmeldung zu beantragen. Zu beachten ist, dass die Möglichkeiten und auch deren Ausübung Wirkung nur für die Vertragsstaaten, für die die ergangene Entscheidung Geltung entfaltet, haben kann. Demnach kommt dem durch die rechtskräftige Entscheidung ausgewiesenen Berechtigten im europäischen Patenterteilungsverfahren also ein Interventionsrecht zu. Um dieses Recht zu sichern, erfolgt eine Aussetzung des Erteilungsverfahrens durch das Europäische Patentamt, sofern durch einen Dritten die Einleitung eines Verfahrens dargelegt wird, in welchem dem Antagsteller der Anspruch auf die Erteilung des europäischen Patents streitig gemacht werden soll.

Verweise auf nationale Rechtsordnungen

Nach den Regelungen des europäischen Patentübereinkommens steht das Recht auf das europäische Patent dem Erfinder beziehungsweise dessen Rechtsnachfolger zu. Dies ist zugleich der Ausgangspunkt für die nationalen Instanzen. Hinsichtlich des praktisch äußerst relevanten Gebiets der Arbeitnehmererfindungen enthält das Europäische Patentübereinkommen keine eigenständigen Regelungen. Vielmehr verweist es auf die einschlägigen nationalen Regelungen und beschränkt sich auf eine Anordnung hinsichtlich der jeweils anzuwendenden Rechtsordnung. Somit ist das Recht auf das Patent nach dem Recht desjenigen Staates zu bestimmen, in dem der Arbeitnehmer überwiegend beschäftigt ist. Hilfweise ist auf das Recht desjenigen Staates abzustellen, in dem der Arbeitgeber den Betrieb unterhält, in dem der Arbeitnehmer beschäftigt ist. Daraus ergibt sich, dass der Staat, dessen Recht nach dem Europäischen Patentübereinkommen anzuwenden ist, sowohl ein Vertragsstaat als auch ein sonstiger Staat sein kann. Somit ist es durchaus möglich, dass das Recht auf das Patent in Abweichung vom Erfinderprinzip sowie den Grundsätzen des deutschen Rechts originär dem Arbeitgeber zugesprochen werden muss. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang zudem, dass es einige Rechtsordnungen zulassen, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber über das auf das Arbeitsverhältnis anzuwendende Recht einigen. Eine solche Einigung hätte entsprechende Auswirkungen auf das Recht auf das Patent.

Zuständige Behörden

In der Regel ergehen die nationalen Entscheidungen hinsichtlich des Rechts auf das europäische Patent in Streitigkeiten zivilrechtlicher Natur vor den ordentlichen Gerichten. Das Europäische Patentübereinkommen sieht jedoch vor, dass auch andere Behörden hinsichtlich dieser Entscheidungen für zuständig erklärt werden können. In Betracht kommen insbesondere die jeweiligen nationalen Patentbehörden. Ebenfalls nicht durch das Europäische Patentübereinkommen festgelegt ist der Sinn, in welchem dem Berechtigten der Erteilungsanspruch zugesprochen werden soll. Ausreichend für die Anwendung der Regelungen des Europäischen Patentübereinkommens sind sowohl Entscheidungen, die eine Verpflichtung zur Übertragung des Anspruchs begründen als auch solche, die eine Feststellung treffen, dass ein entsprechender Anspruch von vornherein niemals für den Anmelder, wohl aber für den Berechtigten entstanden ist. Die jeweilige Ausgestaltung wird somit dem nationalen Recht überlassen.

Allein entscheidend für das europäische Verfahren ist, dass die Entscheidung demjenigen, der unter Berufung auf sie interveniert, in ihrem Tenor den Erteilungsanspruch hinsichtlich des Anmeldungsgegenstandes zuspricht. Der Vollzug der Entscheidung geschieht in derjenigen Form, die von den Vorschriften des Europäischen Patentübereinkommens vorgesehen ist und für die sich der Berechtigte entscheidet. Im Falle eines Leistungsurteils beispielsweise wäre die Weiterverfolgung der europäischen Anmeldung als Vollzug der geschuldeten Übertragung zu verstehen. In diesem Zusammenhang ersetzt die ergangene Entscheidung die Willenserklärung des Anmelders. Entsprechend wäre die Zurückweisung der europäischen Anmeldung als eine Geltendmachung eines Erteilungshindernisses zu begreifen, die mit dem Einspruch wegen widerrechtlicher Entnahme nach früherem deutschen Recht vergleichbar ist. Im Fall eines Feststellungsurteils hingegen wäre die Weiterverfolgung der Anmeldung als Ausübung einer bereits zuvor erworbenen Rechtsposition unter Beseitigung einer unzutreffenden formalen Legitimation zu verstehen. Der Antrag auf Zurückweisung wäre dann im Grunde als Rücknahme der Anmeldung aufzufassen. Jedenfalls wird durch die Einreichung einer neuen Anmeldung ein neuer Anspruch auf Erteilung eines europäischen Patents begründet. Damit verbunden ist eine Verdrängung der unrechtmäßigen Anmeldung. Dies steht im Einklang mit einer nach den Vorschriften des Europäischen Patentübereinkommens beantragten Zurückweisung.

Sonderregelung betreffend die Bundesrepublik Deutschland

Bei der Ratifzierung des Europäischen Patentübereinkommens wurde für die Bundesrepublik Deutschland eine besondere nationale Vorschrift betreffend die Durchsetzung des Rechts auf das europäische Patent gegen einen nichtberechtigten Anmelder oder Patentinhaber für notwendig erachtet. Ursache hierfür war die Annahme, dass der Übertragunganspruch nach dem Patentgesetz lediglich auf Anmeldungen beim Deutschen Patent- und Markenamt und in deren Folge erteilte Patente zugeschnitten sei. Man ging zudem davon aus, dass der patentgesetzliche Übertragungsanspruch nicht dadurch begründet werde, dass nach den Vorschriften des Europäischen Patentübereinkommens eine europäische Anmeldung, in der Deutschland benannt ist, die Wirkung einer deutschen Anmeldung und das für Deutschland erteilte europäische Patent die Wirkung eines deutschen Patents habe. Dies sollte damit zusammenhängen, dass der Übertragungsanspruch weder aus der Anmeldung, noch aus dem Patent resultiere. Zumindest letzteres konnte durchaus bezweifelt werden. Denn ohne Zweifel ist der patentgesetzliche Übertragungsanspruch die Folge einer unrechtmäßigen Anmeldung oder der Erteilung des Patents an einen Nichtberechtigten.

Die die Bundesrepublik Deutschland betreffende Sonderregelung ließ sich jedoch auch auf andere Weise erklären. Mit dieser Regelung sollte nämlich dem Gemeinschaftspatentübereinkommen Rechnung getragen werden. Es wurde zu dieser Zeit erwartet, dass das Gemeinschaftspatentübereinkommen in Kürze in Kraft trete. Die Sonderregelung im Europäischen Patentübereinkommen ist daher eine von der Regelung des Patentgesetzes abweichende Norm, die an eine entsprechende Norm im Gemeinschaftspatentübereinkommen angelehnt war. Nach den Regelungen des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen kann der nach den Vorschriften des Europäischen Patentübereinkommens Berechtigte, dessen Erfindung von einem Nichtberechtigten angemeldet ist, vom Patentsucher verlangen, dass ihm der Anspruch auf die Erteilung des Patents abgetreten werde. Ein Anspruch desjenigen, der durch eine widerrechtlich Entnahme verletzt ist hingegen, ist nicht vorgesehen. Zu beachten ist allerdings, dass die entsprechende Regelung im Patentgesetz, die einen solchen Anspruch begründet, letztlich einzig eine Beweiserleichterung darstellt. Außerdem ist es durch das Gesetz über internationale Patentübereinkommen keineswegs verboten, aus Umständen, die eine widerrechtliche Entnahme begründen, im Wege einer freien Würdigung der Beweise auch Schlüsse hinsichtlich derjenigen Tatsachen zu ziehen, die für die sachliche Berechtigung maßgeblich sind. Im Hinblick auf den Anspruch des Berechtigten stimmt die Regelung des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen mit derjenigen betreffend den patentgesetzlichen Übertragungsanspruch überein.

Ähnliche Artikel

Durchsuchen Sie Rechtssartikel