MT Patent: Was bedeutet Neuheitsschonfrist?


Die Neuheitsschonfrist des Gebrauchsmustergesetzes regelt, dass eine innerhalb von sechs Monaten vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag erfolgte Beschreibung oder Benutzung des Gegenstandes des angemeldeten Gebrauchsmusters außer Betracht bleibt, wenn sie auf der Ausarbeitung des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers beruht. Mit dieser Regelung begründet die Vorschrift einen der wichtigsten Vorteile des Gebrauchsmusters gegenüber dem Patent.

Anwendung der Regelung des Gebrauchsmustergesetzes

Das Gebrauchsmustergesetz regelt zunächst, wann der Gegenstand eines Gebrauchsmusters als neu gilt. Neu ist der Gegenstand eines Gebrauchsmusters laut der Vorschrift dann, wenn der er nicht zum Stand der Technik gehört.

Der Stand der Technik

Zum Stand der Technik gehören nach den Bestimmungen des Gebrauchsmustergesetzes alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche Beschreibung oder durch eine im Geltungsbereich des Gebrauchsmustergesetzes erfolgte Benutzung öffentlich zugänglich gemacht worden sind. Anders als im Rahmen des Patentgesetzes wurde die Festlegung des neuheitsschädlichen Standes der Technik im Gebrauchsmustergesetz allerdings nicht an europäische und internationale Vorschriften angepasst. Vielmehr wurde im Gebrauchsmustergesetz eine Regelung beibehalten, die teils auf 1891 und teils auf 1936 zurückgeht. Des Weiteren wurde diese Regelung in Bezug auf die darin gewährte Schonfrist zu Gunsten des Anmelders sogar noch gegenüber der im Patentgesetz enthaltenen Regelung erweitert. Die Regelungen des Gebrauchsmustergesetzes weichen somit in einigen Punkten von den Regelungen des Patentgesetzes ab. Zum einen gehören im Gegensatz zum Stand der Technik im Sinne des Patentgesetzes nicht alle Kenntnisse, die vor dem Anmelde- oder Prioritätstag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind, zum Stand der Technik im Sinne des Gebrauchsmustergesetzes. Vom Stand der Technik im Sinne des Gebrauchsmustergesetzes werden vielmehr nur solche Kenntnisse erfasst, bei denen die öffentliche Zugänglichkeit durch schriftliche Beschreibung oder inländische Benutzung bewirkt worden ist.

Der Zugang der Öffentlichkeit

Für die Frage, ob eine Information der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde, gelten - bis auf die Einschränkungen betreffend die Form, in welcher dies geschehen muss - im Gebrauchsmustergesetz wiederum die gleichen Anforderungen wie im Patentgesetz. Unter der Öffentlichkeit ist ein Kreis von Personen zu verstehen, der wegen seiner Größe oder der Beliebigkeit seiner Zusammensetzung für den Urheber der Information nicht mehr kontrollierbar ist. Der Informationsgehalt eines zum Stand der Technik gehörenden Sachverhalts bestimmt sich jeweils nach dem fachmännischen Verständnis. Deshalb kommt es letztlich auf die Möglichkeit der Kenntnisnahme durch beliebige Sachverständige des in Frage stehenden Gebiets an. Schriftstücke aber auch andere Mitteilungsträger sind der Öffentlichkeit dann zugänglich, wenn sie derart in den Verkehr gebracht sind, dass es im Belieben des Empfängers steht, sie weiterzugeben und Dritte von ihrem Inhalt in Kenntnis zu setzen.

Die Verbreitung einer Mehrzehl von Stücken ist dabei allerdings nicht nötig. Unterlagen von Gebrauchsmusteranmeldungen werden mit der Eintragung der Öffentlichkeit zugänglich. Von einer inländische Benutzung ist entsprechend auszugehen, dass ebenfalls ein entsprechender Kreis von Sachverständigen in der Lage ist, den Gegenstand einer tatsächlichen Nutzung zu unterziehen und dabei einen Überblick über die Neuheit desselben erlangen zu können. Für die Zugehörigkeit zum Stand der Technik genügt außerdem es, dass der Öffentlichkeit die Kenntnisnahme schlicht möglich ist. Nicht erforderlich ist hingegen, dass tatsächlich ein größerer Personenkreis Kenntnis nimmt.

Ältere Anmeldungen

Ältere Anmeldungen gehören nur zum Stand der Technik, wenn ihr Inhalt vor dem Anmelde- oder Prioritättstag des später angemeldeten Gebrauchsmusters der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden ist. Handelt es sich um nicht vorveröffentliche ältere Anmeldungen, so gilt ein Verbot des mehrfachen Schutzes. Das heißt, dass sich aus nicht vorveröffentlichen älteren Anmeldungen nur ein Schutzhindernis ergibt, soweit sie zu einem rechtsbeständigen Patent oder Gebrauchsmuster führen.

Die eigentliche Schonfrist

Das Gebrauchsmustergesetz bestimmt, dass eine innerhalb von sechs Monaten vor dem für den Zeitrang der Anmeldung eines Gebrauchsmusters maßgebenden Tag erfolgte Beschreibung oder Benutzung außer Acht bleibt. Dies gilt allerdings nur dann, wenn sie auf der Ausarbeitung des Anmelders oder dessen Rechtsvorgängers beruht. Im Gegensatz zur Schonfrist im Patentrecht werden durch die Schonfrist im Gebrauchmustergesetz jedoch nicht nur mißbräuchliche, sondern darüber hinaus auch vom Anmelder oder dessen Rechtsvorgänger selbst bewirkte oder veranlasste Vorverlautbarungen unschädlich macht. Die Schonfrist des Gebrauchsmustergesetzes gilt darüber hinaus ebenfalls für Veröffentlichungen und Vorbenutzungen, die die erst später angemeldete Erfindung nicht in vollem Umfang vorwegnehmen, sondern die lediglich in Frage stellen, dass sie auf einem erfinderischen Schritt beruhen. Demnach ist es also nicht einmal erforderlich, dass der Anmelder oder dessen Rechtsvorgänger bereits im Besitz einer zur Anmeldung reifen Erfindung war. Im Gegensatz zur patentrechtlichen Schonfrist, ist die Schonfrist nach dem Gebrauchsmustergesetz von dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgebenden Tag zurückzurechnen.

Bei wirksamer Inanspruchnahme einer Priorität, welche auch eine Austellungspriorität - zur Erklärung des Begriffs siehe unten - sein kann, beginnt die Rückrechnung mit dem Prioritätstag. Der Begriff der Priorität bezeichnet die Beanspruchung des Datums einer ersten Schutzrechtsanmeldung für eine oder mehrere Nachanmeldungen. Schließlich kommt einer Gebrauchsmusteranmeldung die für sie beanspruchte Priorität einer Patentanmeldung selbst dann zu Gute, wenn diese, weil ihr gegenüber die in Frage stehende Vorverlautbarung nicht nach dem Patentgesetz unschädlich ist, nicht zu einem rechtsbeständigen Patent führen kann. Unschädlich gemacht durch die Schonfrist wird auch die Ausstellung von Gegenständen, aus denen Informationen über eine innerhalb der folgenden sechs Monate zum Gebrauchsmuster angemeldete Erfindung entnommen werden können. Außerdem begründet die Schaustellung auf einer Ausstellung, die durch eine entsprechende Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz bezeichnet wurde, einen zeitweiligen Schutz.

Dem Gesetz nach hat dieser zeitweilige Schutz die Wirkung, dass die Schaustellung oder eine anderweitige spätere Benutzung oder eine spätere Veröffentlichung des Musters der Erlangung dieses Schutzes von dem Aussteller oder dessen Rechtsvorgänger binnen einer Frist von sechs Monaten nach der Eröffnung der Ausstellung bewirkt wird. Diese Anmeldung geht anderen Anmeldungen vor, die nach dem Tag des Beginns der Schaustellung eingereicht worden ist. Der zeitweilige Schutz gilt für einen wesentlich größeren Kreis von Ausstellungen als die im Patentgesetz vorgesehene Frist. Des Weiteren richtet er sich nicht ausschließlich gegen Informationen, die vom Anmelder oder dessen Rechtsvorgänger stammen, sondern auch gegen solche Informationen, die Dritte selbständig erarbeitet oder aus anderen Quellen erlangt haben. Außerdem bewahrt er nicht nur vor den Folgen des Eingehens in den Stand der Technik, sondern auch vor der schutzhindernden Wirkung, die wegen des Verbots des mehrfachen Schutzes aus älteren Anmeldungen folgt, wenn sie zur Patenterteilung oder Gebrauchsmustereintragung führen. Zutreffenderweise wird diese Regelung deshalb auch durch den Begriff der Ausstellungspriortät beschrieben. Daraus folgt auch, dass sich die Schaustellung bereits auf die fertige, später zum Gebrauchsmuster angemeldete Erfindung beziehen muss. Außerdem darf die Wirkung des zeitweiligen Schutzes nicht mit derjenigen einer anderen Priorität kumuliert werden kann.

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