MT Patent: Was ist das Ausschließlichkeitsrecht und besteht dieses uneingeschränkt?


Grundlage des Schutzes von Erfindungen

Das Patent und das Gebrauchsmuster bieten eine wesentliche Grundlage des Erfindungsschutzes dadurch, dass sie dem jeweiligen Inhaber die Befugnis verleihen, anderen Personen die Benutzung ihrer Erfindung zu verbieten. In einer vom Grundsatz der Freiheit des Gewerbes und des Wettbewerbs geprägten Wirtschaftsordnung bedürfen Erfinder oder erfinderisch tätige Unternehmen der expliziten Verleihung von positiven Benutzungsrechten prinzipiell nicht. Dieser Freiheit des Gewerbes und des Wettbewerbs immanent ist nämlich bereits die Möglichkeit zum rechtmäßigen Gebrauch der Erfindung. Allerdings führt auch die Erteilung eines solchen Schutzrechts nicht dazu, dass der Erfinder oder das erfinderisch tätige Unternehmen von solchen Schranken und Einschränkungen befreit werden, die die Freiheit einer gewerblichen Betätigung durch Rechtsnormen der unterschiedlichsten Art, auch einer solchen, die subjektive Rechte gewähren, regeln. Gleich einem Eigentümer einer Sache darf nämlich auch der Patentinhaber oder der Inhaber des Gebrauchsmusters seine Erfindung nicht benutzen, wenn und soweit das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen.

Vorschriften des Patentgesetzes und des Gebrauchsmustergesetz, die regeln, dass allein der Schutzrechtsinhaber zur Benutzung der Erfindung befugt ist, entfalten daher erst durch die Verwendung des Wortes „allein“ ihren spezifischen Sinn. Gleiches galt für Vorschriften des Patentgesetzes in der Fassung von 1968 bis 1978, die es dem Schutzrechtsinhaber gestatteten, in Bezug auf den Gegenstand dessen Erfindung bestimmte Handlungen vorzunehmen. Das Recht zur Benutzung wird durch das Patent oder Gebrauchsmuster nämlich nur insofern gewährt, als es ausschließlich ist. Auf diese Weise betrachtet sagen diejenigen Vorschriften des Patentgesetzes und des Gebrauchsmustergesetzes, die bestimmen, dass jeweils nur der Inhaber des Patents beziehungsweise des Gebrauchsmuster befugt ist, die geschützte Erfindung im Rahmen des geltenden Rechts zu nutzen, nichts anderes aus, als solche Bestimmungen der beiden Gesetze, die regeln, dass es jedem Dritten grundsätzlich verboten ist, die Erfindung ohne die Zustimmung des Inhabers der Schutzrechte auf bestimmte Art und Weise zu nutzen.

Positiver Gehalt des Schutzrechts

Zwar kommt es für die Frage, ob und wie der Inhaber des Patentes oder des Gebrauchsmusters die geschützte Erfindung benutzen darf, nicht auf das Schutzrecht an. Jedoch ist daraus keinesfalls zu folgern, dass dem Schutzrecht jeglicher positiver Gehalt abzusprechen ist. Von der herrschenden Meinung wird ein solcher positiver Gehalt nämlich angenommen. Dessen übliche Bezeichnung als „positives Benutzungsrecht“ erfasst den positiven Gehalt in seinem Wesen allerdings nicht vollständig. Der positive Gehalt des Schutzrechts liegt im Wesentlichen vielmehr auch darin, dass dem Schutzrechtsinhaber die Erfindung als Rechtsgegenstand zugeordnet wird, ihm also gehört. Die logische Konsequenz daraus ist zwar die Ausschließung aller anderen. Als alleiniger Inhalt des Schutzrechts kann sie allerdings nicht verstanden werden.

Die rechtliche Stellung des Inhabers des Patentes oder des Gebrauchsmusters stellt sich nämlich gerade nicht ausschließlich als reiner Reflex der an andere gerichteten Benutzungsverbote dar. So ist die Benutzung der Erfindung durch den Inhaber des Patentes oder des Gebrauchsmusters nicht bloß Ausübung von Freiheit. Vielmehr handelt es sich hierbei um die Ausübung seiner (Schutz)Rechte. Dieser Charakter wird der Benutzung jedoch ebenfalls dadurch zuteil, dass sie im Schutz der ihre Wirkung nach aussen entfaltenden Benutzungsverbote stattfindet. Dabei wird gerade durch die Benutzungsverbote die Aussicht auf besondere Vorteile begründet. Ohne die gegenüber Dritten geltenden Benutzungsverbote ist daher die Wirkung des Patents oder des Gebrauchsmusters als Benutzungsrecht seines Inhabers nicht denkbar.

Rechtsfolgen der Annahme eines positiven Benutzungsrechtes

Aus der Annahme eines positiven Benutzungsrechts werden Rechtsfolgen hauptsächlich für das Verhältnis zwischen gegenstandsgleichen Schutzrechten abgeleitet. Es kann vorkommen, dass für die gleiche Lehre zum technischen Handeln zwei Patente, zwei Gebrauchsmuster oder ein Patent und ein Gebrauchsmuster mit verschiedenem Zeitrang bestehen. Dann kann nach fast ausschließlicher Ansicht der Inhaber der älteren Patentes oder des älteren Gebrauchsmusters dem Inhaber des jüngeren Patentes oder des jüngeren Gebrauchsmusters die Benutzung der Erfindung verbieten. Demzufolge kann das jüngere Schutzrecht gegenüber dem älteren Schutzrecht kein positives Benutzungsrecht gewähren. Ebensowenig ermächtigt es zu einer Benutzung seines Gegenstandes, die in sonstige Rechte Dritter eingreift. Was der Inhaber des jüngeren Schutzrechts dem Inhaber des älteren Schutzrechtes auf der anderen Seite nicht verbieten kann, ist die Benutzung des übereinstimmenden Gegenstandes beider Schutzrechte. Um seine Erfindung nutzen zu dürfen, muss der Inhaber des älteren Schutzrechtes also nicht zunächst die Beseitigung des jüngeren Schutzrechts herbeiführen. Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass sich Inhaber kollidierender Schutzrechte gegenseitig an der Benutzung ihrer Erfindungen hindern, solange nicht eines der beiden Schutzrechte wegfällt. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich im Gebrauchmustergesetz, das dem Gebrauchsmuster den Vorrang vor einem jüngeren Patent sichert, ohne einen Grund für die Beseitigung des letzteren zu schaffen.

Notwendigkeit eines positiven Benutzungsrechts

Die Notwendigkeit der Annahme eines positiven Benutzungsrechts für die Regelung des Konflikts zwischen gegenstandsgleichen Schutzrechten zu Gunsten des älteren Schutzrechts scheint nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Für die beiden Rechtsinhaber der kollidierenden Schutzrechte lässt sich die Lösung nämlich ebensogut dahingehend verstehen, dass dem Verbietungsrecht aus dem älteren Schutzrecht der Vorrang gegenüber dem Verbietungsrecht aus dem jüngeren Schutzrecht eingeräumt wird. Was der Inhaber des älteren Schutzrechts dem Inhaber des jüngeren Schutzrechts verbieten kann, braucht jener sich von diesem nicht selbst verbieten zu lassen. Die Annahme eines positiven Benutzungsrechts kann die Frage, wie der Vorrang des älteren Schutzrechtes gegenüber dem jüngeren Schutzrecht zu rechtfertigen ist, obwohl das jüngere Schutzrecht seinem vollen Umfang nach gültig bleibt, nicht beantworten. Sie vermag sie jedoch abzuwandeln. Es bleibt nämlich offen, warum sich lediglich aus dem älteren, nicht aber aus dem jüngeren Schutzrecht, ein Benutzungsrecht ergibt.

Die im allgemeinen als sachgerecht angesehen Lösung geht demnach im Wesentlichen davon aus, dass das ältere Schutzrecht einen unmittelbar wirkenden Vorrang genießt, dessen Geltendmachung auch ohne die Beseitigung des jüngeren Schutzrechts möglich ist. Die Rechtfertigung dieser Lösung liegt letzten Endes darin, dass es wohl besser ist, wenn eine Rangordnung gemäß dem Prioritätsprinzip zwischen den kollidierenden Rechten hergestellt wird, als wenn ihnen eine beide Seiten hindernde Lähmung vorgeschrieben würde. Dies liefe dem Zweck des Patent- und Gebrauchsmusterschutzes zuwider, der auf die effektive Verwertung von Erfindungen gerichtet ist. Nach dem früher geltenden Patentrecht konnte das jüngere Patent für nichtig erklärt werden, soweit der Schutzumfang des älteren Patents reichte. Voraussetzung dafür war allerdings, dass der Gegenstand des älteren Patents nicht vor dem Anmelde- oder Prioritätstag des jüngeren Patents allgemein zugänglich geworden war. Nach dem geltenden Recht kann eine solche Nichtigerklärung nur erfolgen, soweit durch den Inhalt der Anmeldung des älteren Patents der Gegenstand des jüngeren neuheitsschädlich vorweggenommen ist.

Die Rechtsgrundlage hierfür findet sich im Patentgesetz. Daher sind durchaus Fälle denkbar, in denen der Gegenstand eines jüngeren Patents im Schutzbereich eines älteren Patents liegt, ohne dass eine Beseitigung des jüngeren Patents möglich ist. An der Regelung des Verhältnisses zwischen gegenstandsgleichen Gebrauchsmustern mit verschiedenem Zeitrang und älterer Patente zu jüngeren Gebrauchsmustern hat sich hingegen nichts geändert. In diesem Fall hat der Inhaber des früher angemeldeten Patents oder Gebrauchsmusters gegen den Inhaber des jüngeren eingetragenen Gebrauchsmusters Anspruch auf Löschung eben dieses Gebrauchsmusters. Ebenso unverändert ist die Regelung betreffend das Verhältnis zwischen einem älteren Gebrauchsmuster und einem jüngeren Patent. Hier darf das Recht, dass sich aus dem jüngeren Patent ergibt, nicht ohne Zustimmung des Inhabers des Gebrauchsmusters ausgeübt werden.

Auswirkungen des Vorrangs auf Lizenznehmer

Der Vorrang des älteren Schutzrechts steht einem auf das jüngere Schutzrecht gestützten Benutzungsverbot entgegen. Dieser Vorrang kommt jedoch nicht nur dem Inhaber des älteren Schutzrechts, sondern auch dessen Lizenznehmern zu Gute. Dies gilt nicht lediglich für ausschließliche Lizenznehmer, sondern auch für einfache. Einfache Lizenznehmer erlangen nach allgemeiner Ansicht nur ein Benutzungsrecht, nicht jedoch ein Verbietungsrecht. Daher scheint es, als könne eine Vorrangwirkung, die die einfachen Lizenznehmer einschließt, nur auf ein positives Benutzungsrecht bezogen werden. Jedoch erschöpft sich die Rechtsstellung des einfachen Lizenznehmers nicht ausschließlich darin, dass er die Erfindung ungeachtet des Patents oder Gebrauchsmusters benutzen darf. Seine Rechtsstellung bewirkt vielmehr auch, dass ihm die Ausschlusswirkung des Schutzrechts zu Gute kommt. Daraus lässt sich auch zufriedenstellend erklären, dass der Inhaber eines jüngeren Patents oder Gebrauchsmusters dem Lizenznehmer des Inhabers eines älteren Schutzrechts die Benutzung der Erfindung nicht verbieten kann.

Das Verbietungsrecht aus dem jüngeren Schutzrecht weicht somit auch zugunsten der Lizenznehmer des älteren dem auf diesem beruhenden vorrangigen Verbietungsrecht. Bei dieser Betrachtung ergibt sich, dass die Wirkungen, die dem positiven Benutzungsrecht des Inhabers des Patents oder Gebrauchsmusters im Verhältnis zu gegenstandsgleichen jüngeren Schutzrechten zugerechnet werden, nicht die Annahme eines solchen Rechts erfordern. Aus dem Verbietungsrecht des Inhabers des älteren Schutzrechts lassen sie sich nämlich ebensogut erklären. Bezieht man den Vorrang des älteren Schutzrechtes auch auf das Verbietungsrecht, so ergibt sich ohne weiteres dessen Geltung für den gesamten Schutzbereich des älteren Schutzrechts. Was der Inhaber des älteren Schutzrechts verbieten kann, kann daher ihm und seinen Lizenznehmern nicht aufgrund eines jüngeren Rechts verboten werden.

Rechte bei gleicher Priorität

Die für den Fall eines verschiedenen Zeitrangs anerkannte Lösung lässt es bei gleicher Priorität nicht zu, dass sich die Inhaber der Schutzrechte gegenseitig von der Benutzung der Erfindung ausschließen. In diesem Fall darf jeder Inhaber die Erfindung im Schutzbereich seines Rechts nutzen. Er ist zur Achtung des Schutzrechts des anderen dabei nicht verpflichtet, jedoch kann er den anderen auch nicht von der Nutzung der Erfindung ausschließen, solange diese innerhalb des Schutzbereich seines Rechtes ist. Um zu verhindern, dass Verbietungsrechte die Verwertung von Erfindungen gänzlich unterbinden, wird dabei angenommen, dass sie sich gegenseitig ausschalten. Diese Wirkung bezieht sich ausschließlich auf den Schutzbereich, der dem Recht des jeweiligen Benutzers zukommt.

Beginn und Ende der Benutzungsbefugnis

Die einem Schutzrechtsinhaber gegenüber den Inhabern gegenstandsgleicher jüngerer oder gleichrangiger Schutzrechte zustehende Benutzungsbefugnis ist auf die Ausschließlichkeit seines Benutzungsrechts und damit auch auf sein Verbietungsrecht zurückzuführen. Sie beginnt mit der Erteilung des Patents oder des Gebrauchsmusters, von dem sie abgeleitet ist. Sie endet mit dem Wegfall des Schutzrechts, wobei bei einem nicht rückwirkenden Wegfall eine vorher erfolgte Benutzung rechtmäßig bleibt. Eine Benutzung nach dem Wegfall unterliegt grundsätzlich dem Verbietungsrecht aus dem anderen Schutzrecht, wenn dieses weiterhin besteht. In diesem Zusammenhang erscheint es angemessen, dem Inhaber des erloschenen Schutzrechts ein Recht zur Weiterbenutzung zuzugestehen, wenn die Benutzung vor dem Erlöschen begonnen oder Veranstaltungen hierzu getroffen wurden. Wenn bei der Erteilung eines Patents oder der Eintragung eines Gebrauchsmusters für den gleichen Gegenstand noch eine ältere oder gleichrangige Anmeldung anhängig ist, so können sich für den einen oder den anderen Anmelder bei unterschiedlicher Dauer der Erteilungs- oder Eintragungsverfahrens ungerechtfertigte Vor- oder Nachteile ergeben. Dann nämlich ist der Anmelder dem Verbietungsrecht aus dem erteilten oder eingetragenen Schutzrecht ausgesetzt, solange nicht seine eigene Anmeldung die Erteilung oder Eintragung zur Folge hat. Bis zu diesem Zeitpunkt steht ihm kein Ausschlussrecht an der Erfindung zu; und somit auch weder ein Verbietungsrecht noch ein positives Benutzungsrecht.

Der Unterschied zwischen Verbietungs- und Benutzungsrecht in Fällen der Abhängigkeit

Die überwiegende Ansicht geht davon aus, dass dem Unterschied von Verbietungs- und Benutzungsrecht auch in den Fällen der Abhängigkeit Bedeutung zukommt. Abhängigkeit ist gegeben, soweit die durch ein Patent oder Gebrauchsmuster geschützte technische Lehre nicht ohne Eingriff in den Schutzbereich eines älteren Schutzrechts benutzt werden kann, obwohl sie als solche von diesem Schutzbereich nicht erfasst ist. Dies ist häufig der Fall bei Erfindungen, die eine neue, nicht naheliegende Anwendung oder Verbesserung eines geschützten Erzeugnisses oder Verfahrens lehren. Das auf die Anwendung oder Verbesserung erteilte Patent oder Gebrauchsmuster verleiht hier kein Recht, den Gegenstand des älteren Schutzrechts zu nutzen. Der Inhaber des jüngeren Rechts ist daher insofern davon abhängig, dass ihm die Benutzung vom Inhaber des älteren Schutzrechts erlaubt wird. Er muss die Benutzung seiner eigenen Erfindung unterlassen, wenn ihm vom Inhaber des älteren Schutzrechts die Benutzung dessen Erfindung versagt wird.

Andernfalls griffe er in den Schutzbereich des älteren Schutzrechts ein. Das Verbietungsrecht aus dem älteren Schutzrecht wird dabei jedoch nicht auf den Gegenstand des neuen Schutzrechts erstreckt. Der Inhaber des älteren Schutzrechts kann den Inhaber des jüngeren Schutzrechts jedoch nicht an der Nutzung seiner Erfindung hindern, wenn er eine Möglichkeit findet, seine Erfindung ohne Verletzung des älteren Schutzrechts zu verwirklichen. Ebenso kann dem Inhaber des älteren Schutzrechts die Benutzung seiner Erfindung nicht aufgrund des jüngeren Schutzrechts untersagt werden. Er darf aber auch nicht ohne Zustimmung des Inhabers dieses Rechts die hierdurch geschütze Lehre benutzen. Das Verbietungsrecht beschränkt sich daher auf den Schutzbereich des älteren Rechts. Auf die Benutzung der nicht hiervon umfassten abhängigen Erfindung erstreckt es sich freilich nicht, auch wenn wegen der Abhängigkeit der Erfindung die Möglichkeit besteht, diese Benutzung zu verhindern.

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