Probleme bei der Beurteilung des Erfordernisses des Beruhens einer Erfindung auf erfinderischer Tätigkeit


Einleitung

Eine von zahlreichen Patentierungsvoraussetzungen ist das Erfordernis des Beruhens auf einer erfinderischen Tätigkeit. Diesem Erfordernis entspricht im Gebrauchsmusterrecht das Erfordernis des Beruhens auf einem erfinderischen Schritt. Das Erfordernis des Beruhens auf einem erfinderischen Schritt hat weniger hohe Voraussetzungen als dasjenige des Beruhens auf erfinderischer Tätigkeit. Trotz bestehender Unterschiede im Rahmen der Anforderungen dieser Erfordernisse selbst, besteht jedoch ein wesentlicher Gleichlauf der allgemeinen Beurteilungskriterien hinsichtlich der genannten Erfordernisse im Patent- und Gebrauchsmusterrecht. Aus Gründen der Vereinfachung und Übersichtlichkeit wird im Folgenden deshalb einheitlich nur vom Erfordernis des Beruhens auf einem erfinderischen Schritt gesprochen - gemeint ist stets auch das entsprechende Erfordernis im Gebrauchsmusterrecht. Einzig bei Abweichungen wird eine separate Darstellung erfolgen.

Probleme bei der Bestimmung der Erfindungshöhe

Die Frage nach dem Beruhen einer Erfindung auf erfinderischer Tätigkeit ist in der Praxis von großer Bedeutung. Dennoch ist die Beurteilung der Frage oft nicht so leicht zu bewerkstelligen, wie es ihre Bedeutung wünschen ließe. Die Schwierigkeiten bei der Handhabung des Erfordernisses des Beruhens auf einem erfinderischen Schritt spiegeln sich in zahlreichen Stellungnahmen und Untersuchungen zu diesem Thema wider. Nicht selten jedoch sind die Ergebnisse derartiger Befassungen wenig zufriedenstellend. Gegenstand der Klagen ist dabei weniger, dass die vom Patentamt und den Gerichten festgesetzten Anforderungen an einen erfinderischen Schritt generell zu hoch oder zu niedrig sind. Vielmehr wird in erster Linie beklagt, dass diese Entscheidungen nicht berechenbar seien. Um diesem Missstand zu begegnen, wurden in der Folge immer wieder Methoden zur Beurteilung vorgeschlagen, mit deren Hilfe Ergebnisse erzielt werden sollten, die vorhersehbar sein sollten. Regelmäßig fanden sich unter den Vorschlägen auch mathematische Formeln zur Bestimmung des erfinderischen Charakters. Die gemeinsame Schwäche mathematischer Methoden zur Bestimmung des erfinderischen Charakters liegt jedoch darin, dass sie die bestehenden Schwierigkeiten nicht lösen können. Jegliche mathematischen Methoden verlagern die vorhandenen Probleme lediglich auf die Bestimmung der einzusetzenden Zahlenwerte.

Ähnliche Schwächen weisen auch informationstheoretische Verfahren zur Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit auf. Nach einem durch die sogenannte fuzzylogic inspirierten Ansatz soll die Bestimmung der Erfindungshöhe durch Zuordnung des Prozentsatzes, den sie von einem gedachten Vollwert erreicht, erfolgen. Eine anhand dieser Methode vorzunehmende Differenzierung und Quantifizierung ist allerdings gleichfalls aus den eben dargestellten Gründen unzulänglich. Auch durch die Anwendung von Methoden der formalen Logik oder der Sprachlogik, insbesondere von Syllogismen, oder der Unterscheidung zwischen Intension und Extension sprachlicher Ausdrücke, lassen sich kaum brauchbare Ergebnisse erzielen. Die Ergebnisse haben meist den Makel, dass sie kaum weniger Unschärfe aufweisen als die Annahmen, ohne die in Anbetracht der Gesetzeslage und der zu beurteilenden Sachverhalte nicht auszukommen ist. Es ist daher nicht möglich, die Praxis auf ihre Schlussfolgerungen festzulegen, auch wenn sich diese als logisch zwingend herausstellen. Ein weiterer Vorschlag bestand darin, anhand des Zahlenverhältnisses der positiven und negativen Urteile einer Mehrheit von Sachverständigen abzulesen, ob und in welchem Maße im konkreten Fall von erfinderischer Tätigkeit gesprochen werden kann.

Solche Modelle sind zum einen allein aufgrund der durch eine Befragung einer hinreichend großen Anzahl an Sachverständigen entstehenden Kosten kaum zu realisieren. Zum anderen bestehen strukturell Bedenken dahingehend, dass die Sachverständigen die Erfindung, die sie beurteilen sollen, notwendigerweise bereits kennen. Es ist ihnen daher nicht möglich die Frage zu beantworten, ob sie zu einem konkreten Zeitpunkt anhand des Standes der Technik in der Lage waren, die Erfindung herzustellen. Vielmehr könnten sie lediglich die Frage beantworten, ob sie glauben, dazu im Stande gewesen zu sein. Ein neuerer Vorschlag sieht vor, dass eine sachverständige Person, der die Erfindung nicht bekannt ist, Verbesserungen des für diese Erfindung als relevant ermittelten Stand der Technik erarbeitet. Im Anschluss daran sollen die erarbeiteten Verbesserungen von einer anderen sachverständigen Person mit der Erfindung verglichen werden.

Zu bedenken ist hinsichtlich dieses Vorschlags, dass die Unkenntnis der ersten Person bei frühzeitiger Offenlegung und aufgeschobener Prüfung der Anmeldungen und erst recht im Einspruchs-, Beschwerde- und Nichtigkeitsverfahren kaum zu gewährleisten ist. Die Unsicherheit ergibt sich hier in erster Linie aus der Bezugnahme auf den Fachmann. Deshalb wurde ergänzend empfohlen, die Bezugnahme zum Fachmann gänzlich aufzugeben. Stattdessen solle nun ausschließlich auf die Art und das Maß des Fortschritts abgestellt werden. Hier ist allerdings zweierlei zu beachten: Sofern allein die Vorteile der Erfindung entscheiden sollen, ist dem Zweck des Erfordernisses des Beruhens auf erfinderischer Tätigkeit keinesfalls genügt. Sofern es auf eine Abweichung vom normalen Fortschritt ankommen soll, ist dieser kaum ohne Berücksichtigung desjenigen zu bestimmen, was normale Fachleute zu leisten in der Lage sind. Ungeachtet all dieser Lösungsvorschläge sieht die Praxis es als allein ausschlaggegend an, ob die Erfindung für einen Fachmann anhand des Standes der Technik naheliegend war. Eine Konkretisierung hat dabei vor allem die Frage danach erfahren, welcher Fachmann und welches Fachgebiet jeweils in Betracht zu ziehen sind.

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