Was ist eine Gruppenfreistellungsverordnungen der Europäischen Union?


Maßgeblich für die Beurteilung von Wettbewerbsbeschränkungen und Lizenzverträgen über Patente, Gebrauchsmuster und geheimes Wissen sind grundsätzlich die Gruppenfreistellungsverordnungen der Europäischen Union. Diese finden seit der Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen nunmehr auch im nationalen Recht Anwendung. Von entscheidender Bedeutung ist insbesondere die Gruppenfreistellungsverordnung „Technologietransfer“ sowie im Bereich der Forschung und Entwicklung einschließlich der Verwertung daraus entstehender Patente, Gebrauchsmuster oder geheimen Wissens die Gruppenfreistellungsverordnung „Forschung und Entwicklung“. Die Gruppenfreistellungsverordnung „Technologietransfer“ sieht neben ausdrücklich aufgeführten Kernbeschränkungen und Klauselverboten, die Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern und Nicht-Wettbewerben unterscheiden, eine weitgehende Gestaltungsfreiheit vor, sofern nicht die Überschreitung bestimmter Marktanteilsschranken zu befürchten ist. Die grundsätzliche Unzulässigkeit folgender Kernbeschränkungen ist in der Gruppenfreistellungsverordnung „Technologietransfer“ vorgesehen: Die Zuweisung von Gebieten sowie Kunden, Preisabsprachen, Beschränkungen des Umsatzes, Beschränkungen der Verwertung eigener Technologien sowie Beschränkungen von Forschung und Entwicklung. Darüberhinaus ist in der Gruppenfreistellungsverordnung „Forschung und Entwicklung“ eine sogenannte schwarze Liste unzulässiger Klauseln enthalten. Aus dieser Liste ergibt sich anhand gradueller Abstufungen eine Unterteilung in drei Gruppen. Es existieren generell unzulässige Beschränkungen, Beschränkungen, die nur im Zusammenhang mit der reinen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Forschung und Entwicklung unzulässig sind, und schließlich solche Beschränkungen, die sich auf eine Kooperation in Forschung und Entwicklung beziehen, die die gemeinsame Verwertung betreffen. Demnach sollen solche Beschränkungen in Forschungs- und Entwicklungsvereinbarungen unzulässig sein, die die Freiheit der Beteiligten Unternehmen beschränken, eigenständig oder in Zusammenarbeit mit Forschung und Entwicklung in einem anderen Bereich zu betreiben. Gleiches gilt für Beschränkungen, die diese Freiheit nach dem Abschluss der Arbeiten für eine Zusammenarbeit mit Forschung und Entwicklung in demselben oder einem damit zusammenhängenden Bereich betreffen. Generell unzulässig sind außerdem sogenannte Nichtangriffsklauseln in Bezug auf die Gültigkeit von Rechten am geistigen Eigentum, über die die beteiligten Unternehmen im gemeinsamen Markt verfügen. Schließlich ist es außerdem generell unzulässig, wenn einem oder mehreren Vertagspartnern die Verpflichtung auferlegt wird, Nutzern oder Wiederverkäufern den Bezug derjenigen Vertragsprodukte, die von anderen Vertragsparteien selbst oder durch Dritte rechtmäßig in den Verkehr gebracht wurden, oder das Inverkehrbringen der Vertragsprodukte innerhalb der Gemeinschaft zu erschweren.

Patentpools

Nicht in den Anwendungsbereich der Gruppenfreistellungsverordnung „Technologietransfer“ fallen sogenannte Patentpools. Hierbei handelt es sich nämlich nicht um einen Technologietransfer im Sinne der Freistellungsverordnung. Ziel der sogenannten Patentpools ist die Zusammenstellung eines Technologiepaktes durch zwei oder mehrere Parteien und die anschließende Vergabe von Lizenzen an Mitglieder des Pools aber auch an Dritte zur Verwertung dieses Lizenzpakets. Im Zusammenhang mit einer kartellrechtlichen Bewertung der Patentpools ist eine Differenzierung vorzunehmen. Zu unterscheiden ist nämlich zwischen solchen Patentpools, die lediglich aus Substituten bestehen, und solchen Pools, die sich zwingend ergänzen. Für den Fall von Pools, die sich zwingend ergänzen, wird eine Wettbewerbsbeschränkung verneint. Ist eine Ergänzung der Technologie nämlich zwingend erforderlich, so wird die Verwertung und auch der Wettbewerb erst durch die Bildung der Patentpools ermöglicht. Dies liegt daran, dass die einzelnen Mitglieder des Pools zur Verwertung ihrer Patente sowohl in technischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht auf die wechselseitige Erteilung von Lizenzen angewiesen sind. Hingegen liegt bei Patentpools aus Substituten oder bei solchen Patentpools, die keine sich zwingend ergänzenden Technologien enthalten, mit Blick auf die Koppelung des Marktverhaltens eine Beschränkung des Wettbewerbs nahe. Für eine solche Beschränkung ist allerdings unter gewissen Voraussetzungen eine Freistellung nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen möglich.

Besonderheiten im Zusammenhang mit Marken

Wettbewerbsbeschränkungen in Markenlizenzverträgen sind am Maßstab der Markenfunktionen zu beurteilen. Anders als bei den technischen Schutzrechten fehlt es hinsichtlich der Markenrechte an einer gesetzlichen Regelung in einer Gruppenfreistellungsverordnung. Eine Ausnahme gilt lediglich mit Blick auf markenrechtliche Nebenbestimmungen zu Vertriebsvereinbarungen, die unter die Gruppenfreistellungsverordnung „Vertikalvereinbarungen“ fallen, sowie für die von der Gruppenfreistellungsverordnung Techologietransfer erfassten Markenlizenzen, die nicht den eigentlichen Gegenstand der Technologietransfervereinbarung ausmachen. Außerhalb dieser Ausnahmen sind Lizenzverträge, die Markenrechte zum Gegenstand haben, an den einschlägigen Regelungen des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union sowie des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen zu messen. Demnach sind prinzipiell alle Beschränkungen zulässig, die notwendig und angemessen erscheinen, um die wesentlichen Funktionen der Marke, nämlich die Herkunftsfunktion, die Qualitätsfunktion und die Werbefunktion zu sichern.

Keine kartellrechtlichen Bedenken ergeben sich demnach insbesondere bei Vorgaben für die Produktqualität und Zusammensetzung einschließlich von Kontrollrechten, sofern diese notwendig sind, um eine gleichbleibende Qualität der jeweiligen Waren gewährleisten zu können. Die gleichen Erwägungen treffen auch auf Vorgaben für die Werbung und für die Verpackung einer Ware zu. Dies gilt allerdings nur unter der einschränkenden Voraussetzung, dass die Reputation beziehungsweise Benutzung der Ware unmittelbar oder mittelbar betroffen ist. Im Gegensatz zur Meinung der Kommission der Europäischen Union, die eine einfache Gebietsausschließlichkeit als wettbewerbsbeschränkend im Sinne der Vorschriften des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union hält, werden im Allgemeinen auch geographische Beschränkungen der Lizenz überwiegend für zulässig gehalten. Zudem bestehen auch gegen Vorrechts- und Abgrenzungsvereinbarungen keine Bedenken grundsätzlicher Art. Solche Vereinbarungen werden von Zeicheninhabern regelmäßig geschlossen, um eine Kollision ihrer gegenüberstehenden Zeichen zu unterbinden. Nicht gedeckt vom spezifischen Schutzgegenstand des Markenrechts sind aus kartellrechtlicher Sicht jedoch vertikale Preisbindungen.

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